WR065 Flucht aus Lauers Büro

So langsam füllt sich das Büro von Cristopher Lauer mit Dingen – und der Hall wird etwas weniger. Diesmal plaudern wir über den Parteitag, Semken, Parteien und Menschen, Bonbons, Macht und Verantwortung, Kanban, BER, die Zukunft Berlins und bestimmt auch noch über einige andere Dinge.

Torrent gefällig?

[Disclaimer: Ich bin neuerdings Mitglied der Piratenpartei]

23 Gedanken zu „WR065 Flucht aus Lauers Büro

  1. Ozgo

    Immer wieder spannend die Perspektive von Christopher Lauer erklärt zu bekommen.

    Leider auch jedesmal extrem deprimierend. Meine Hoffnungen in die Piratenpartei sind ja nicht erst gestorben als Holgi eingetreten ist (ich sag nur Google Wave!).

    Klar sind die Probleme überall gleich. Aber bei den Piraten scheint sie niemand wirklich wahr haben zu wollen, was ich für das gefährlichste überhaupt halte….

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  2. Alex

    Dieses ganze Nazigemobbe halte ich für bedenklich. Wenn ich sie ausgrenze, sei es auf dem Parteitag, indem ich rausgehe, oder sei es bei Demos, indem ich sie blockiere (beispielsweise in Neumünster), bewirke ich doch, dass sie frustriert sind. Jetzt anzunehmen, dass sie sich dem Druck der “Gesellschaft” anpassen, ist naiv. Vielmehr könnten sie sich radikalisieren und anstatt “nur” mit Worten und Gesten zu hantieren das “Problem” selbst in die Hand nehmen…
    Dann passieren solche Dinge wie die “Dönermorde”. Wenn ich mir vorstelle, dass eine blockierte Demo das Fass zum überlaufen gebracht haben könnte, dann haben alle Blockierer Blut an ihren Händen, obwohl sie das richtige Ziel haben.
    Nazis sind Teil unserer Gesellschaft! Sie auszugrenzen, bringt nichts. Warum kann nicht auch ein Nazi einen guten Vorschlag/Denkanstoß bringen? “Der ist Nazi, der labert doch nur Scheiße!” bzw. das Aufsichstürzen auf schlechtere Argumente bei Missachtung der guten geht einfach ad hominem, so geschehen bei Sarrazin oder Grass. Niemand betrachtet wirklich die anderen Aspekte bei Sarrazin neben diesem Nazi-Gen-Zeug oder bei Grass die Kriegspropaganda gegen den Iran.
    Vielmehr sollten wir permanent reflektieren, ob nicht doch etwas wahres an den (nichtnazi-)Aussagen dran ist, anstatt gleich immer dem Beißreflex nachzugeben.
    Aktionen wie die Plakate in Neumünster, die die Todeszahlen in den KZs nannten, oder “einfache” Überzeugungsarbeit finde ich sinnvoller.

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    1. Stefan

      “Dann passieren solche Dinge wie die “Dönermorde”. Wenn ich mir vorstelle, dass eine blockierte Demo das Fass zum überlaufen gebracht haben könnte, dann haben alle Blockierer Blut an ihren Händen, obwohl sie das richtige Ziel haben.”

      Ich möchte deine Aussage nur noch mal in eigenen Worten wiederholen, um sicherzustellen, dass ich das nicht irgendwie falsch verstanden habe.

      Also, du sagst: “Böhnhardt und Co. sind auf die abscheuliche Idee unschuldige Menschen zu erschießen gekommen, weil sie bei Ihren Demos blockiert wurden. Und diese Blockieren sind deswegen schuld an den Morden. Richtig?

    2. Alex

      Ich sage “könnte”. Aus dem Bekennervideo der NSU zum Zweck: „ein Netzwerk von Kameraden mit dem Grundsatz – Taten statt Worte”
      Offenbar reichten für diese Leute Worte/Demos/… nicht mehr aus.
      Und ich meine, dass Demoblockieren und Ausgrenzen im Allgemeinen diese Ansicht begünstigen “könnten”.

      Was ist, wenn einer von den Festgenommenen aussagt, dass sein Wort nicht äussern konnte, z.B. auf einer angemeldeten Demo, weil sie blockiert wurde (siehe: Neumünster)? Das ist bestimmt ein gaaaanz großer Sieg für die Blockierer, “ein Zeichen gegen Rechts”.
      Aber im Endeffekt könnten eben diese Blockierer in einem Handlungsstrang stehen. An einer beliebigen Postion, also entweder als Ursache oder als Wirkung.
      Und das meine ich mit “Schuld”. Sicher, das ist keine direkte Schuld und Nichtstun ist auch nicht das Richtige. Jedoch gibt es bessere Wege, die nicht notwendigerweise die Radikalisierungen und Taten verhindern können. Wenn aber die Möglichkeit besteht, dass dadurch weniger Menschen zu Schaden kommen, dann sollte man es versuchen.
      Deswegen halte ich es auch für falsch, den Saal zu verlassen, wenn ein mutmaßlicher Nazi spricht. Vielmehr sollte man versuchen, seine Beweggründe zu verstehen und in einer Diskussion zu widerlegen. Denn nur Erkenntnis führt zu einer Verbesserung/Einsicht, nicht irgendwelche Strafen.

    3. Ozgo

      Dein Kommentar zu spät gesehen.

      Wenn du “rumgemobbe” als Ignorieren-statt-Auseinandersetzung definierst ist die Situation etwas anders.

      Trotzdem ist es gefährlich solchen Leuten eine Platform zu bieten und damit zu suggerieren, dass ihre Haltung evtl. auch in einer demokratischen Partei Platz haben könnte (siehe Sarrazin-Effekt unten).

    4. Ozgo

      Umfragen nach der Sarrazin-Debatte haben ergeben, dass die Ausländerfeindlichkeit zwar nicht gestiegen (auch nicht gesunken!) ist, aber die Leute sich eher trauen sie auch nach außen tragen. Was für ein Fortschritt… nicht.

      Den Nazis unter Hitler hat man auch immer mehr Zugeständnisse gemacht… mit den bekannten folgen.

      Die Geschichte bestätigt einfach immer wieder:

      Wer Intoleranz toleriert ist ein Idiot.

    5. Alex

      “Wenn du “rumgemobbe” als Ignorieren-statt-Auseinandersetzung definierst ist die Situation etwas anders.”
      OK, danke Ozgo, da muss man wirklich differenzieren…

      “Wer Intoleranz toleriert ist ein Idiot.”
      Dann ist man selbst intolerant. Holgis Aussage mit den “Roten Brigaden” geht gar nicht! Ich weiß nicht, ob das als Witz gemeint war; wenn ja, war’s ein ziemlich mieser.
      Da zeigt sich auf: Auseinandersetzung mit Nazis ist einfach aggressiv. Demoblockieren ist aggressiv und man darf sich nicht wundern, wenn Gegenreaktionen (gegen Unbeteiligte) provoziert werden.
      Das ist, was ich sagen wollte.
      “Plattform bieten” vs. “Nazis weiter radikalisieren” ist ein Problem, das ich als nicht gelöst ansehe.

      “Ausländerfeindlichkeit zwar nicht gestiegen (auch nicht gesunken!) ist, aber die Leute sich eher trauen sie auch nach außen tragen. Was für ein Fortschritt… nicht.”
      Natürlich kein Fortschritt, aber ein Indikator und eine Aufforderung an die Politik und die Gesellschaft, sich damit auseinanderzusetzen, die Ursachen zu klären und zu beseitigen.
      Man muss klarmachen, dass Rassismus keinen Platz hat, aber auf eine nichtaggressive/nichtbedrohliche Weise.

    6. Matthias

      Anhänger einer Ideologie werden immer versuchen Menschen ihrer Ideologie unterzuordnen und zu verbiegen. Zum Beispiel durch das systematische Töten von Menschen in Tötungsfabriken oder auch durch Einsperren im eigenen Staat.

      Und da Fundamentalismus ein Schutzmechanismus ist, der krampfhaft versucht das eigene Letztgültige (die Ideologie) zu verteidigen, werden sich Anhänger der Ideologie durch den Diskurs immer geschwächt und bedroht sehen.

      Daraus folgt, dass die einzige Möglichkeit mit ihr umzugehen ohne gleichzeitig bedrohlich oder aggressiv zu wirken, reine Ignoranz ist. Denn durch jede auch noch so ruhige und besonnene Argumentation wird die Ideologie im eigenen Sinne geschwächt.

      Ich halte Ignoranz in diesem Fall für absolut unvernünftig. Spott hingegen nicht.

    1. Alex

      Das ist ja doch ein wenig erschreckend:
      30 Prozent der Einnahmen von Solidarpakt und Länderfinanzausgleich. Wenn man sich das erste pdf anschaut, dann sieht man, dass die Ausgaben noch bis 2019 um 930 Millionen ansteigen werden sollen und dass die Mittel aus dem Solidarpakt bis dahin halbiert werden.
      Und trotzdem: Die Einnahmen sollen sich an die Ausgaben anpassen. Das ist Utopie!

    2. Marvin

      Au jeden Fall, dass kann nicht funktionieren! Ich denke das Christopher Lauer da absolut Recht hat, es muss eine andere Lösung her, wie auch immer die aussehen mag. Leider trifft das ja nicht nur auf Berlin zu, da unter anderem auch das Saarland und Bremen in ähnlichen Situationen sind.

    3. tp1024

      Klar kann das funktionieren. Es müssen “nur” die Löhne in Deutschland soweit steigen, dass sie die Inflationsverluste der letzten 15 Jahre wettmachen und darüber hinaus mit dem Wirtschaftswachstum gleich ziehen. Dann würden sie um ca. 30% steigen.

      Wenn das 10 Jahre dauern soll, in der Zwischenzeit die Inflation 3% beträgt (zu DM Zeiten sollte sie zwischen 2% und 3% liegen, ist also realistisch) und die Wirtschaft um 2% pro Jahr wächst, dann heißt das Tarifabschlüsse um die 8% Lohnsteigerung pro Jahr.

      Alles was man dann bis zum Jahr 2022 erreicht hätte wäre, dass der Anteil der Löhne an der Deutschen Wirtschaftskraft wieder auf dem Niveau von 1997 ist.

      Die Schulden sind kein Thema mehr, weil mit Steuergeldern finanzierbar. Das ist keine Utopie, nur wahrhaben will es keiner.

    4. uniquolol

      @tp1024:
      “…Die Schulden sind kein Thema mehr, weil mit Steuergeldern finanzierbar. Das ist keine Utopie, nur wahrhaben will es keiner…”

      Schon mal überlegt, dass diese gewaltigen Lohnsteigerungen zu massiven Preiserhöhungen führen würden und diese zu einer Mega-Inflation? Von den Absatzproblemen im Ausland mal ganz abgesehen…

    5. tp1024

      Die Inflation wird sich in Grenzen halten, weil den Lohnsteigerungen ein ernsthafter Bedarf in der Bevölkerung und große Reservekapazitäten in der Industrie gegenüber stehen.

      Wir sind in der exakt gegenteiligen Situation der 1970er Jahre, als die ohnehin hohe Nachfrage noch über die Kapazität der Wirtschaft hinaus angeheizt werden sollte.

      Die Megainflation, die immer wieder wie der Teufel an die Wand gemalt wird, ist in allen Fällen ein politisch gewollter Prozess gewesen.

      Ließ dir mal “Economic Consquences of the Peace” durch, da schildert Keynes im Jahr 1919 sehr gut die Situation die nach dem 1. Weltkrieg zu der massenhaften Inflation in Europa geführt hat.

      Übrigens zitiert Keynes dort kurz vor Ende des Buches einen französischen General mit den Worten “[der Vertrag von Versailles] ist kein Friedensvertrag, sondern ein Waffenstillstand auf 20 Jahre”

  3. uniquolol

    Danke! – Sehr amüsant war vor allem die neue Variante des alten Piraten-Klassikers:

    Lauer: – Wer von uns glaubt denn wirklich, dass Berlin alleine in der Lage sein wird, einen Schuldenberg von 63 Milliarden Euro abzubauen?
    Klein: – Bei Einnahmen von jährlich – wie viel?
    Lauer: – Hab’ ich jetzt grad nicht im Kopf…

    Weiter so!
    (ab 1:16:24)

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  4. Poschi

    Ich finde ja, dass Christopher Lauer extrem interessante Sachen zu sagen hat und ich höre da auch sehr gerne zu. Allerdings finde ich dieses “Öhm, Ähm, Jooo” ganz schön anstrengend. Wenn er das reduzieren könnte, könnte man dem Inhalt viel besser folgen. Im Klabautercast z.B. kommen diese Füllwörter gar nicht vor. Eigentlich ganz interessant 🙂

    Zumindest: Weiter machen, finde die Reihe extrem spannend! Danke!

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  5. Michael

    Hey Holgi, mal so nebenbei, welche Werkzeuge verwendest du für die Produzierung deines Podcast, sprich: Software und Hardware.

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  6. einzellteil

    Podcast-Beschattung ohne Anspruch auf Vollständigkeit (vor allem zum Ende):

    Piratenparteitag – Aufregung über Semken – Bernd Schlömer als neuer Bundesvorsitzender gewählt: http://wiki.piratenpartei.de/Bundesparteitag_2012.1/Wahlergebnissehttp://de.wikipedia.org/wiki/Urwahl – Semken tritt zurück: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2012-05/piraten-semken-ruecktritt – Macht&Verantwortung: http://de.wikipedia.org/wiki/Macht und http://de.wikipedia.org/wiki/Legitimität – Dunning-Kruger-Effekt: http://de.wikipedia.org/wiki/Dunning-Kruger-Effekt – Seehofers Röttgen-Rant: http://www.youtube.com/watch?v=CS3qyx8drQk&feature=related – Lauers Tweet: https://twitter.com/#!/Schmidtlepp/status/202466487154384896 – Stuhlgeräusche: http://www.wrint.de/2012/05/02/wr061-ferngesprache-xix-stuhlgerausche/ – HArtmut SEmkens Blogbeiträge: http://www.hase.net/blog/haseblog/hases_blog/Eintrage/2012/4/10_Ausgrenzung.html // http://www.hase.net/blog/haseblog/hases_blog/Eintrage/2012/4/15_fighting_for_peace_is_….html // http://www.hase.net/blog/haseblog/hases_blog/Eintrage/2012/4/23_hase_lernt.html – Wählerwanderung in NRW: http://wahlarchiv.tagesschau.de/wahlen/2012-05-13-LT-DE-NW/analyse-wanderung.shtml – Piratenpartei in Zahlen: http://www.piraten-statistiken.de/thema/Mitglieder/ – Piratenparteitag LV Berlin: http://berlin.piratenpartei.de/2011/06/28/einladung-zum-landesparteitag-am-2-und-3-juli/ – Kanban-Tafel: http://de.wikipedia.org/wiki/Kanban#Kanban-Tafeln – Look54: http://www.look54.de/ – Shared Space: http://de.wikipedia.org/wiki/Shared_Space – Music Board: http://www.berliner-zeitung.de/kultur/music-board-kampf-um-anerkennung,10809150,15002012.html – IHK-Zwangsmitgliedschaft: https://lqpp.de/be/initiative/show/654.html – Thilo Sarrazin bei Günther Jauch: http://www.youtube.com/watch?v=cGcVPcYhY2s

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  7. glass

    finde diese Gespräche mit Christopher Lauer wirklich sehr gut, denn es ist eine ganz verträgliche Mischung aus Information und Unterhaltung.

    Wenn Christopher Lauer seine Reden in diesem Stil auch woanders so halten würde, wären seine Umfragewerte wahrscheinlich nicht mehr auszuhalten gut und würden durch die Decke preschen …

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