WR097 Holger ruft an: Bei Steffen (wg. Krise)

Steffen ist mein Hausökonom und hat sich bereit erklärt, zu referieren, was es mit der Krise auf sich hat, von der dieser Tage alle Menschen reden und über die zumindest ich den Überblick längst verloren hatte. So referiert er unter anderem über die Finanzkrise, Rating-Agenturen, die Euro-Schuldenkrise, Strukturprobleme, Austeritätspolitik, den EFSF, den ESM, den Fiskalparkt und Griechenland und hat außerdem sein (aberwitzig ausführliches) Manuskript mitgeschickt und ein paar (ebenfalls ausführliche) Informationen zu Inflationsraten, Lohnstückkosten und Staatsverschuldung. Es gibt einige Redundanzen, aber davon abgesehen, dass die mich ja sowieso nicht stören, sind die bei einer so langen Sendung vielleicht sogar ganz nützlich.

Heiner Flassbeck: 50 einfache Dinge, die Sie über unsere Wirtschaft wissen sollten*
Albrecht Müller: Nachdenkseiten

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196 Gedanken zu „WR097 Holger ruft an: Bei Steffen (wg. Krise)

  1. manka

    Danke für den Überriß zum Thema Ökonomie und Zusammenhänge! Hat mir in jedem Fall geholfen die ein oder andere Lücke zu schliessen.

    Vielleicht könntest du mit Steffen noch mal ne Sendung zu “Postwachstumsökonomie” machen, also zu den momentan wachsenden Bewegungen, die die vorherrschende Wachstumsdoktrin in Frage stellen und Alternativen entwickeln und aufzeigen wollen.

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  2. Thomas

    Kurze Korrektur: Art. 79(3) macht nur Art. 1 und 20 ewig. Alle andere Grundrechte können zumindest temporär ausgehebert werden. Der Fiskalpakt ist über das Budgetrecht eher angreifbar aus meiner Sicht. Generell zeigen aber gerade deine Nachfragen, dass wir tiefe strukturelle Probleme im politischen System haben. Siehe wahlrecht. (darüber würde ich, bei Interesse was sagen können)

    Steffens Erklärung dass es da um Religion bei den Entscheidern geht ist richtig, geht aber nicht weit genug. Da geht es halt darum, dass Politik eigentlich nicht mehr betrieben wird.

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  3. Ralf

    An sich ja ein ganz informativer Podcast, aber hin und wieder sind sind die Argumentationen schon ganz schön schief. Beispeil: Der Grieche arbeitet durchscnittlich 40 Stunden die Woche und der Deutsche nur 27. Also ist der Grieche fleissiger. Das ist natürlich grober Unfug. Denn dadruch, dass z.B. der vormals zu Hause bleibende Ehepartner noch eine Teilzeitjob macht, würde die durchschnittliche Arbeitszeit ja sinken. Aber sind wir dadruch weniger fleissig? Eher wohl doch im Gegenteil. Merke: Nicht alles was die eigene Position bestärkt ist deshalb automatisch richtig.

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    1. Steffen

      Ralf, deine Argumentation läuft an der Realität vorbei. Es ist ja nicht so, dass in der Vergangenheit viele (ggf. freiwillig) Arbeitslose eine Teilzeittätigkeit aufgenommen hätten, sondern aus Vollzeitstellen wurden Teilzeitstellen gemacht. Seit den 1990er Jahren haben wir in Deutschland eine massive Ausweitung von Teilzeitarbeit erlebt (die für die Arbeitnehmer in der Regel unfreiwillig war). Darüber hinaus könnte der Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich ja auch vollzeit tätig sein, wie es in Griechenland der Fall ist.

    2. Ralf

      Ich bleibe dabei, dieser Wert ist ungeeignet für den Zweck. Jemand der von Vollzeit auf Teilzeit geht, erniedrigt ihn. Hört er jedoch ganz auf zu Arbeiten, dann nicht. Ich behaupte ja nicht, die Griechen wären faul. Aber dann kommt der nächste an und nimmt die Erwerbsquote und sagt Deutschland hat 77% und Griechenland 68%, also ist der Grieche faul. Nach deiner Argumentation könnte man dann sagen, die könnten ja auch grundsätzlich arbeiten.

    3. ich ich ich

      Ist ja auch komplett egal wie lange irgendjemand arbeitet, was zählt ist die Produktivität. Genaugenommen ist es ja ohnehin besser zumindest das gleiche (oder mehr) in weniger Zeit mit weniger Aufwand zu produzieren, diese ganze ‘Fleiss’-Sache an einem Zeitmaß aufzuhängen ist also totaler Humbug. Wirtschaft ist doch keine Beschäftigungstherapie.

    4. Steffen

      Ich kann dein erstes Argument natürlich im Grundsatz völlig verstehen, finde es in diesem Kontext aber unpassend, weil es in der Realität genau andersherum passiert ist. Was die Erwerbsquote betrifft: Die Griechen können nur arbeiten/Arbeit finden, wenn wir sie nicht niederkonkurrieren. Im Grunde benötigt Griechenland heute genauso einen Marshall-Plan wie einst Deutschland. Die Wirtschaft liegt am Boden und es müsste massiv durch Kreditaufnahme investiert werden und es muss Nachfrage erzeugt werden. Dann gibt es dort auch wieder arbeit (unter Beachtung des Problems mit den Lohnstückkosten)

    5. Steffen

      Ich möchte noch kurz ergänzen, dass ich es sehr gut finde, dass wir uns hier überhaupt austauschen, weil vieles im Kontext der Finanz- und Wirtschaftskrise als alternativlos dargestellt wird und infolgedessen erst gar kein Austausch stattfindet.

    6. Ralf

      Den Austausch hier finde ich auch gut. Vielleicht kannst Du ja noch was zu zwei weiteren Punkten sagen, die mir nicht klar geworden sind.

      Der erste wäre, dass Deutschland ja nicht das einzige Land ist, mit dem griechische Unternehmen konkurrieren müssen. D.h. selbst wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit senken, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass es den griechischen Firmen besser geht.

      Der zweite Punkt ist, ob die Nachfragestimulation der richtige Weg ist. Ich meine das längerfristig, denn kurzfristig sind wir uns einig, dass Sparen jetzt falsch wäre. Aber Griechenland ist ja aus vielen hausgemachten Gründen auch weniger wettbewerbsfähig. So hat laut Wikipedia (ich weiss) Griechenland in den neuen Jahren seit Euro Einführung 170 Milliarden Schulden aufgenommen, aber die Investitionen sind gesunken. Meines Erachtens nach wären Investitionen in eine effektivere Verwaltung, Infrastruktur und Bildung besser angelegt. Da kann man die Griechen jetzt auch nicht freisprechen, wenn sie in der Finanzverwaltung im Jahre 2012 noch nicht flächendeckend Computer einsetzten. Und das Eintrieben der Steuern von allen Bevölkerungsschichten sollte jetzt auch nicht optional sein. Und die Bekämpfung von Korruption. All das sind doch auch Gründe, warum Griechenland wirtschaftlich so schwach ist. Deshalb fürchte ich, dass diese Probleme durch einfache Geldvergabe an die griechische Regierung nicht gelöst werden, da dann der einfachere Weg gegangen wird, und weiter das Geld einfach ausgeschüttet wird an Parteifreunde und wen sonst noch.

      Zusammengefasst halte ich es für keine gute Idee, dass sich die starken Volkswirtschaften auf das Niveau der schwachen angleichen sollen. Unsere Wirtschaft besteht ja nicht nur aus dem Euroraum. Das man in Deutschland durchaus jetzt auch mal höhere Löhne durchsetzt halte ich allerdings für richtig. Aber auf Dauer wird man damit einer schwachen Wirtschaft nicht helfen.

    7. Steffen

      1. Deutschland ist nicht der einzige Konkurrent von Griedenland
      Das ist richtig, aber die Konkurrenz zwischen Deutschland und allen anderen EUR-Ländern ist viel größer als die Konkurrenz zwischen den restlichen EUR-Ländern, also z.B. zwischen Griechenland und Irland, zwischen Griechenland und Italien usw. Dafür kannst du dir einmal die verlinkte PDF-Datei mit den Lohnstückosten anschauen (S. 3 und 4). Der Index ist auf 2005 genormt (d.h. 2005 wird auf 100% genormt und es wird verglichen, ob in den anderen Jahren die Lohnstückkosten höher als 2005 waren [>100%] oder ob sie niedriger waren [<100%]). Es fällt auf, dass die Lohnstückkosten in Deutschland stärker fallen als anderswo und sie im restlichen EUR-Raum näher beieinander liegen. Größter Konkurrent ist darum Deutschland. Würde man die Löhne in Deutschland darum über die nächsten Jahre stärker erhöhen als in den anderen EUR-Ländern, würden sich die Lohnstückkosten wieder annähern. Diese Lohnerhöhungen müsste man koordinieren. Das ist gleichbedeutend mit einer Koordination der Inflationsrate. Schau dir mal das verlinkte Dokument zu den Inflationsraten an. Dort sieht man, dass wir viel mehr "aus der Reihe tanzen" als die anderen. Das muss man angleichen und das gilt für alle Länder. Kein Land darf ein anderes niederkonkurrieren. Weil das aber – vor allem kurzfristig – nicht gewährleistet werden kann, kommt man auch um Transferzahlungen nicht herum. Das hat man ja auf nationaler Ebene (z.B. hier innerhalb Deutschlands) auch schon eingesehen. In Deutschland gibt es Transferzahlungen zwischen den Bundesländern. Ab sofort muss man also die Wettbewerbsfähigkeit aller EUR-Länder einander angleichen und Transferzahlungen leisten. Anders geht es nicht.

      2. Nachfragestimulation
      Die staatliche Stimulation der Nachfrage (durch verstärkten staatlichen Konsum und Investitionen) ist per Definition nur kurzfristig angelegt. Dadurch soll die Wirtschschaft anspringen und sich wieder selbst tragen. Der Staat soll seinen Konsum und seine Investitionen dann wieder auf ein notwendiges Maß reduzieren, wenn die Wirtschaft gut läuft. Damit eine Konjunktur gut läuft, muss es immer ausreichend Nachfrage geben. Da eine Konjunktur schwankt, wird bei staatlicher Unterstützung eben diese Unterstützung langfristig auch immer schwanken.
      Was die Korruption in Griechenland betrifft, gebe ich dir völlig recht. Dagegen muss etwas unternommen werden und mittel müssen effizienter eingesetzt werden, Steuern besser eingetrieben werden usw. Da kann aber nicht schon kurzfristig funktionieren. Wir hoffen alle, dass es möglichs schnell geht, aber es wird einfach dauern. Wir können den EU-Institutionen aber vorwerfen, dass sie bislang entsprechende Unterstützungsmaßnahmen nicht ausreichend oder nicht ausreichend erfolgreich verfolgt haben und dies jetzt mit großem Tam Tam tun, nachdem das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.

      3. Angleich der Starken an die Schwachen
      Die starken Volkswirtschaften sollen sich gar nicht an die schwachen angleichen. Alle sollen noch stärker werden, aber in unterschiedlicher Geschwindigkeit. Stelle dir zwei Autos auf der Autobahn vor. Das eine fährt 60 km/h und das andere 100 km/h. Beide sollen 120 km/h fahren und dann auf gleicher Höhe nebeneinander herfahren. Das kann man erreichen, indem das langsamere Fahrzeug schneller aufholt und das schon schnellere weniger stark beschleunigt und schlussendlich gibt es einen Punkt, ab welchem beide nebenander herfahren mit 120 km/h und beide haben die ganze Zeit beschleunigt und sind von der Stelle gekommen. Genauso sollen die anderen EUR-Länder auch weiterhin ihre Löhne erhöhen, nur viel langsamer und Deuschland soll seine Löhne auch erhöhen, nur stärker.

      4. Fazit
      Am Ende sind die Löhne nicht das einzige Problem. Wie im Podcast angesprochen, geht es auch um Korruption, Steuereintreibung, Bekämpfung von Steuerhinterziehung und von Steueroasen und vieles mehr. Aber die Lohnstückkosten sind ein besonders wichtiges Thema.

    8. Ralf

      Zuerst noch mal ein grossen Dank für die Arbeit die DU Dir gemacht hast. Die PDF’s sind schon klasse.

      Zu den Lohnkostenkurven. Ich hab mir die auf Eurostat mal direkt angesehen (kann man das Interface eigentlich noch schlimmer machen?). Allerdings sehen die Zahlen in der Tabelle anders aus als die in deinen Graph. In der Tabelle liegt alles so bei 100 +-2 (ausser für 2008 und folgende). Schau ich mir da das falsche an? Hab auf den Link im PDF geklickt und habe auf reale Lohnstückkosten umgestellt (und auch aktualisieren geklickt) und in der Tabelle steht auch, dass es reale Lohnstückkosten sind. Was mach ich falsch?

    9. Steffen

      Das ist das Interface des Grauens *g*
      Gehe mal auf den Reiter “Daten auswählen” > im neu geladenen Seiteninhalt links auf den kleinen Reiter “INDIC_NA” > “Reale Lohnstückkosten” anwählen und “Nominale Lohnstückkosten” abwählen > aktualisieren > Reiter “GEO” die Länder auswählen (ich wähle jetzt mal EU27, DE, EL [Griechenland], ES [Spanien]) > aktualisieren > Reiter “TIME” > ich wähle mal 2000 bis 2012 > aktualisieren > großer Reiter “Tabelle ansehen”. Je nach Land schwankt das zwischen 87% (Griechenland 2012) und 104,8% (Deutschland 2000). Der in der Indexdarstellung im PDF gezeigte Verlauf stellt genau diese Daten dar. Wenn du z.B. den im PDF zu sehenden Wert von Spanien bei über 115% sehen willst, musst du dir die Datenreihe bis 1991 anzeigen lassen. Ab 2000 bewegen sich im PDF in der Indexdarstellung die Werte auch alle zwischen 105% und 95%. Möchtest du hingegen die Prozentveränderung der Vorperiode angezeigt haben, musst du beim kleinen Reiter “UNIT” “Prozentveränderung gegenüber der Vorperiode” (Code “PCH_PRE”) wählen und aktualisieren. Ggf. noch den angezeigten Zeitraum anpassen. Ich hoffe, ich konnte dir helfen 🙂

    10. Ralf

      Ah, jetzt hat es auch bei mir geklappt. Ehrlich gesagt kann ich aber nicht erkennen, dass die Lohnstückkosten in Deutschland viel stärker gefallen sind als in anderen Ländern. Über den dargestellten Zeitraum sind die Kosten z.B. für Italien oder Spanien stärker gefallen. Mann sieht natürlich nicht die Absolutwerte, also kann es sein, dass Deutschland immer noch ziemlich niedrige Kosten hat. Aber das kann ich aus den Daten ja nicht erkennen.

      Ich hab auch noch Zahlen zu den größten Import und Export Ländern von Griechenland im Jahre 2006 (also vor der Kriese) aus dem CIA World Facts Book gesehen. Da ist Deutschland mit 12.6% der Importe nach Griechenland und 11.5% der Exporte aus Griechenland aufgeführt (da Griechenland ja deutlich mehr importiert als exportiert ist das sicherlich ein nicht zu verachtendes Handelsungleichgewicht). Aber das heisst natürlichg auch, dass über 85% der Importe nach Griechenland aus anderen Ländern kommen (Russland ist z.B. am Import nach Griechenland mit 7.1% beteiligt, aber beim Export aus Griechenland ist es nicht einmal mehr aufgeführt und liegt damit bei 4.4% oder niedriger, da das der niedrigste aufgeführte Wert ist).

      Bei den Inflationsraten ist es ähnlich. Bei uns ist sie zwar deutlich niedriger als in den PIIGS Ländern, aber im Vergleich mit z.B. Frankreich sind wir ziemlich ähnlich. Also daraus kann ich jetzt auch nicht ableiten, dass Deutschland das Problemland sein soll. Man darf ja auch nicht vergessen, dass z.B. Spanien und gerade auch Irland ein deutlich grösseres Wirtschaftswachstum in der Zeit hatten, was normalerweise auch mit höherer Inflation einhergeht (der Samuelson Effekt, wenn mir mein Kollege nichts falsches erzählt hat).

      Nochmal zu Griechenland. Ich finde Du lässt die zu einfach von der Angel. Da wird der EU die Schuld gegeben, dass sie nicht genug kontrolliert haben. Aber zuallererst sind die griechischen Wähler dafür verantwortlich. Wir sind hier ja nicht die Aufpasser des griechischen Staates und sollten es auch nicht sein (nach dem Motto die EU ist dann der Buhman für alle unpopulären Entscheidungen). Und man hatte genügend Zeit die Probleme in den Griff zu bekommen, aber solange man noch billig Schulden machen konnte, musste man das ja nicht. Und als die Kriese eingetreten ist, hat man zwar die Ausgaben gesenkt (mit all den bekannten Problemen), aber die Korruptionsbekämpfung oder das effektive Eintreiben der Steuern hinkt immer noch hinterher. Und die Kriese begann 2008. Das sind fast 4 Jahre her. Ehrlich gesagt hab ich manchmal das Gefühl, die Politiker wollen da gar nicht ran, weil das die Gruppen betreffen würde, von denen sie abhängig sind. Da kürzt man lieber die Gehälter und streicht soziale Leistungen, denn das kann man ja den anderen Ländern in die Schuhe schieben.

      Und zum Schluss noch zum Angleichen der Lohnstückkosten. Man kann natürlich zum einen am Zähler (dem Lohn) drehen oder am Nenner (der Produktivität). Du beziehst dich eigentlich immer nur auf den Lohn. Aber wäre es nicht geschickter, die Produktivität in Griechenland etc. zu verbessern? Wenn ich das richtig sehe sind unsere Lohnstückkosten im Vergleich zu Griechenland ja nicht dadurch niedriger, dass wir hier geringere Löhne zahlen als in Griechenland (hab keine Zahlen, kann also falsch sein). Sondern die Produktivität ist dort geringer. Die Produktivität steigert man aber nicht dadurch, dass man den Konsum ankurbelt (ich würde eher sagen im Gegenteil, denn dann gibt es ja keinen Anreiz effizienter zu produzieren). Vielleicht höre ich mich ja jetzt schon wie ein Neoliberaler an, aber ich schwöre, ich bin keiner 😉

    11. Steffen

      1. Preisentwicklung und Wettbewerbsfähigkeit/Griechenland
      Zur Analyse hinzuzuziehen ist noch die Entwicklung der Inflationsraten. Diese verdeutlichen das Problem noch besser als nur die Lohnstückkosten. Entschuldige, das hätte ich vorher sagen können. Die Inflation gibt ja gerade die Preissteigerung an. Im entsprechenden PDF-Dokument siehst du, dass die Preissteigerungen der deutschen Produkte beinahe immer schwächer ausgefallen ist als die Preissteigerung der Produkte anderer EUR-Länder, Griechenland eingeschlossen. Das spiegelt sich im explodierenden Export Deutschlands ab dem Jahre 2002 wieder, der ab da an exorbitant steigt (über diverse Länder verteilt). Der Abstand des Wettbewerbsvorteils gegenüber den anderen EUR-Ländern ist – völlig richtig – durchaus unterschiedlich. Wir sind auch nicht das einzige Land mit Leistungsbilanzüberschüssen. Österreich, die Niederlande und Finnland gehören z.B. auch dazu und diese sollten ihre Überschüsse ebenso abbauen. Deine Vermutung, dass Deutschland nicht als einziges Land Probleme verursacht hat, ist richtig. Da wir aber die größte Volkswirtschaft der EUR-Zone sind, haben wir ein besonders starkes Gewicht. Wenn wir 5% vom BIP exportieren, sind das absolut erheblich mehr Waren als würden die Niederlande 5% von ihrem BIP exportieren.

      Was nun Griechenland im Speziellen angeht, so ist es erforderlich, dies über einen längeren Zeitraum zu betrachten und nicht allein für ein Jahr. Wie im Podcast gesagt, kann es für ein Jahr einen Leistungsbilanz-Überschuss oder -Defizit geben (eine 0-Punktlandung bekommt man ohnehin nicht hin). Aber mittel- bis langfristig sollte man einen Ausgleich anstreben. Passiert das nicht, häufen sich mit der Zeit die Probleme auf und über den Zeitraum der vergangenen 12 Jahre hat Deutschland dazu gegenüber allen anderen EUR-Ländern einen nennenswerten Beitrag geleistet.

      Die deutsche Wirtschaft ist da nicht die einzige, da gebe ich dir absolut Recht. In der EUR-Zone sind wir aber der Platzhirsch und ein Volkswirtschaftliches Schwergewicht. Wichtig ist dabei die Langzeitwirkung, bei der die Aufhäufung kleiner Probleme zu einem großen führt.

      2. Griechenlands interne Probleme
      Im Podcast wollte ich insbesondere mit Vorurteilen gegenüber Griechenland aufräumen, (populistische) Falschaussagen korrigieren und aufzeigen, wozu die Reformen bisher geführt haben. Das hat inhaltlich und zeitlich einen größeren Teil eingenommen als die Kritik, z.B. an der dortigen Korruption. Völlig richtig. Aber es kritisieren alle anderen das Land in einem solchen Maße, dass überhaupt einmal Inhalte für eine differenzierte Auseinandersetzung her mussten. Wenn alle schon drauf einschlagen, muss ich das nicht auch noch tun. Nichtsdestoweniger gibt es selbstverständlich eine Menge hausgemachter Probleme und in allererster Linie ist es deren eigene Aufgabe interne Probleme wie eine effiziente Verwaltung und Korruption anzugehen. Unterm Strich ist die EU aber eine Wirtschaftszone, deren Ziel die gegenseitige Förderung und Entwicklung ist. Wenn man sich einmal ansieht, wer Mitglied ist, so haben viele Länder wie Griechenland den Status “Schwellenland” oder sind in einer nicht weit entfernten Kategorie einzuordnen. Gerade darum muss man auch die EU-Institutionen in die Pflicht nehmen. Dafür gibt es sie ja. Ich möchte dabei nicht allein den EU-Institutionen die Verantwortung zuweisen, aber die Sichtweise um diese Einrichtungen erweitern.

      3. Griechische Politik
      Ich denke, griechische Politiker nehmen sich nichts im Vergleich zu anderen Politikern der EUR-Zone, deutschen Politikern eingeschlossen. Es wird eben Klientelpolitik betrieben und das eigene Nest warm gehalten. Wie du es selbst sagst, so kann auch ich mir gut vorstellen, dass griechische Politiker bestimmte Probleme nicht angehen, weil sie daran aus persönlichen und/oder politischen Gründen kein Interesse haben. Was die Kürzungspolitik anbelangt, so muss aber doch festgehalten werden, dass die Troika (EZB, EU-Kommission, IWF) eine tief neoliberal geprägte Agenda durchdrücken und dazu gehört das Kürzen von Sozialleistungen und die Kürzung von Löhnen und Gehältern, die Kürzung von Staatsausgaben (z.B. durch Verringerung der Staatsbediensteten). Wir haben ja alle die Bilder im Fernsehen gesehen mit den blutigen Demonstrationen und Generalstreiks. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das politische Maßnahmen waren, die die griechischen Politiker gerne umgesetzt haben. Denn das war offensichtlich unpopulär.

      4. Produktivität
      Ja, die sollte man in Griechenland auch erhöhen. Es kann sein, dass ich das so explizit nicht gesagt habe. Wenn ich mich recht erinnere, sagte ich im Podcast, Griechenland müsse industrialisiert werden und es sei ein Problem, dass das Land in geringem Maße und veraltet industrialisiert sei. Dahinter steckt schlicht der Gedanke einer viel zu niedrigen Produktivität. Meine Position ist daher, dass man an beiden Stellschrauben dreht: Löhne in Deutschland künftig stärker steigern als in den anderen EUR-Ländern (kommt nebenher der deutschen Binnenwirtschaft zugute, die seit mind. 10 Jahren real stagniert) und ferner Griechenland industrialisieren, also dort die Produktivität steigern. Da stimme ich mit dir vollkommen überein!

      Den Anreiz die Produktivität zu steigern, hat der Betrieb(swirt) übrigens immer, weil dann der Gewinn steigt.

    12. Ralf

      Danke erst einmal für die ausführliche Antwort. Du hast mich zwar noch nicht völlig überzeugt, aber ich verstehe deinen Standpunkt. Ich glaube aber, dass du die Auswirkungen auf unsere Wirtschaftsbeziehungen mit Nicht-Euro Ländern vernachlässigst. Aber sei es drum.

      Ich hab noch mal eine fachliche Frage an dich, und zwar über die Lohnstückkosten. Die sind ja gesamtwirtschaftlich als Quotient aus der Summe der Lohnkosten und des BIP definiert. Also stecken da ja die Anteile der Wirtschaft drin die vor allem das Inland bedienen (Frisör, Kaufhaus, Müllabfuhr, etc.) und auch die eher Export-orientierten Bereiche (Automobilindustrie, Maschinenbau). Der eine Teil hat ja keine oder nur wenige Auswirkungen auf das Ausland. Wenn wir z.B. die Frisöre besser bezahlen, erhöhen sich die Lohnstückkosten, aber die Exportwirtschaft wird dadurch ja nicht weniger konkurrenzfähig. Man kann sich natürlich vorstellen, dass dies indirekt zu Lohnerhöhungen im Exportbereich führt, da die Arbeiter dort Kompensation haben wollen. Wäre das dann der Zusammenhang mit der Inflation? Und wie spielen Unternehmenssteuer da rein? Es kann ja sein, dass ein Land zwar höhere Lohnstückkosten hat, aber die Besteuerung günstiger ist. Das müsste man doch auch berücksichtigen, oder?

    13. Steffen

      1. Lohnstückkosten / Inflation
      Hallo Ralf, bezüglich der Lohnstückkosten hast du den Zusammenhang zwischen Binnen- und Exportwirtschaft komplett richtig erkannt. Wenn in der gesamten Binnenwirtschaft (Frisöre, Werkstätten, Müllabfuhr, Fliesenleger, Einzelhandelskaufleute etc.) die Einkommen steigen, müssen auch die Arbeitnehmer in der Exportwirtschaft merh verdienen (sie werden es fordern), weil ihre Kosten im Alltag gestiegen sind. Eines würde also zum anderen führen. Selbst wenn also einen Einkommenserhöhung in der Binnenwirtschaft beginnen würde, schlägt es auf die Exportwirtschaft durch.

      Steigen überall die Löhne und infolgedessen die Preise aller Güter, weil Löhne für den Unternehmer Kosten sind und Kosten auf den Preis umgelegt werden, hat man Inflation. Denn Inflation bedeutet Preissteigerung, also die steigerung aller Preise für alle Güter. Wenn die Löhne/Gehälter steigen, führt dies also zu Preissteigerungen und flächendeckende Preissteigerungen nennt man Inflation. Das passiert natürlich unter der Annahme, dass die Löhne/Gehälter im Durchschnitt stärker steigen als die duchschnittliche Produktivität. Denn mit der Produktivitätssteigerung lassen sich ja Lohnerhöhungen kompensieren.

      2. Unternehemensbesteuerung
      Nun bin ich kein Steuerfachmann, aber Unternehmen werden nach dem Vollzug wirtschaftlicher Aktivität besteuert und können das nicht auf den Preis umlegen. Wenn sie dies versuchen würden, würde der Preis steigen. Sollte damit eine Gewinnsteigerung einhergehen, würde das Unternehmen ja stärker besteuert. Ginge mit dem Preisanstieg ein Gewinnrückgang einher, weil die Konsumenten auf preiswertere Produkte der Konkurrenz ausweichen, sinkt das Steueraufkommen, aber auch der Gewinn. Die Besteuerung kann darum nicht auf den Preis umgelegt werden und entfällt bei der Betrachtung der Wettbewerbsfähigkeit der Länder.

      3. Steuerpolitik
      Interessant wird die Unternehmensbesteuerung nur bei der Steuerpolitik, die das Steueraufkommen und damit die Staatshaushaltsstabilität beeinflusst. Hier ist in der Vergangenheit zu beobachten, dass die Staaten sich einen ruinösen Steuerwettstreit liefern, der zulasten der Staatskasse geht. Aber das ist ein anderes Thema.

      4. Nicht-EUR-Länder
      Im Podcast bin ich auf Beziehungen zu Nicht-EUR-Ländern nicht eingegangen, das ist richtig. Aber nach 4,5h Stunden waren sowohl Holgi als auch ich fertig. Wir haben bis nach Mitternacht aufgenommen. Die Probleme in der EUR-Zone sind aber in erster Linie interne Probleme. Zu beobachten ist auch, dass die EUR-Zone als ganzes gegenüber dem Rest der Welt Leistungsbilanzungleichgewichte aufbaut – bis heute. Möchte man diese Krise lösen, sollte man sich aber einerseits auf den Finanzsektor konzentrieren und zum anderen auf den Komplex der Leistungsbilanzverwerfungen innerhalb der EUR-Zone / das Auseinanderlaufen der Inflationsraten / der Lohnstückosten im EUR-Raum. Das hängt ja wie erläutert zusammen.

      Wenn jemand die bisherigen Geschehnisse schlüssiger darlegen kann, bin ich dafür stets offen. Liebe Grüße =)

    14. Ralf

      Danke für die Erklärung. Mir ist klar, das man selbst in 4.5 Stunden nicht alle Aspekte beleuchten kann. Aber du bist der einzige von dem ich bis jetzt mal einen ernsthaften Versuch der Erklärung der ganzen Kriese erhalten habe. Und das ganze dann noch mit ausführlichem zusätzlichem Material, mit offiziellen Statistiken untermauert, so dass man deinen Gedankengang selbst nachvollziehen kann. Das ist echt einzigartig. So etwas hätte ich auch von der ‘Gegenseite’ erwartet, aber entweder schaue ich an den falschen Stellen oder sie halten es nicht für erforderlich (was schade wäre). Oder kennst du eine Quelle, bei der ich mich da noch informieren könnte?

      Also noch mal, herzlichen Dank für die ganze Arbeit die du in den Podcast gesteckt hast.

    15. Steffen

      Wenn du etwas in meiner Erklärungsrichtung haben möchtest, kannst du dir Heiner Flassbeck ansehen:
      http://www.youtube.com/watch?v=mfKuosvO6Ac

      Du kannst die Nachdenkseiten regelmäßig lesen ( http://www.NachDenkSeiten.de ), das Querschüsse-Blog ( http://www.querschuesse.de/ ), das Spiegelfechter-Blog ( http://www.spiegelfechter.com/wordpress/ ). Die Blogs behandeln dabei aber immer nur tagesaktuelle Themen. Insofern müsste man das regelmäßig verfolgen und insbesondere lohnte dies seit Beginn der Krise. Die NachDenkSeiten verlinken dabei regelmäßig auf die beiden anderen genannten Blogs.

      Es lohnt Paul Krugman zu verfolgen. Wenn englischsprachige Artikel OK sind, dass über dessen eigenes Blog oder über die New York Times, wo er regelmäßig schreibt. Bücher zu diesem Thema gibt es von ihm auch auf deutsch.

      Die Komplexität des Themas bringt leider das Problem mit sich – wie Flassbeck es schon formulierte – dass man sich nicht einmal eben in eine Talkshow setzen kann und alles innerhalb von zehn Minuten erklärt. Darum ist es tatsächlich schwierig, umfangreiches Material zu finden. Es ist viel Stückwerk.

      Man könnte noch die Jahrbücher von Albrecht Müller und Wolfgang Lieb “Nachdenken über Deutschland” in der Reihenfolger ihrer Erscheinungsdaten lesen. Gebraucht bekommt man diese Bücher quasi geschenkt (1 bis 2 EUR).

      Wenn es um andere Positionen geht, sind Personen wie Hans-Werner Sinn Kandidaten. Allerdings wird man sich als Laie nicht einmal eben mit Target-Salden beschäftigen wollen (behaupte ich jetzt einfach). Dass es ansonten in der Richtung “der Sozialstaat ist schuld” oder “die Staatsschulden sind die Ursache der Krise” tiefere Analyse gibt, wage ich zu bezweifeln. Die von mir grafisch ausgewerteten Daten von Eurostat sprechen diesbezüglich ja auch eine eindeutig gegensätzliche Sprache 😉

    16. Hans

      Jetzt ist mir das mit den Lohnstückkosten klar. Die Griechen müssen auf Lohn verzichten, schneller und mehr arbeiten, dann drücken sie ihre Lohnstückkosten, aber gerade das prangert Steffen ja an (die Griechen arbeiten ja schon so viel)
      Alternativ könnte man die Deutschen besser bezahlen, kürzer arbeiten lassen oder einfach bisschen langsamer machen lassen. Dann wird alles gut.
      nix für ungut

  4. quiler

    Ich verweise als Tiefbauing. auf die Mängel in der Infrastruktur unseres Landes die UNTER der Erde liegt.
    Wenn man den Wasserhahn aufdreht und es kommt kein Wasser mehr ist dies schlimmer als jedes Schlagloch …

    Antworten
    1. Alex

      Könntest du das bitte ein wenig näher ausführen? Man könnte meinen, dass wegen der eher niedrigen Privatisierung das nicht so schlimm sein kann… Das würde mich sehr interessieren!

  5. reply

    was für ein riesen podcase – so was macht man nicht ohne eine großen aufwand an vorbereitung. dafür danke und anerkennugn. aber:
    gut in der analyse, schwach im konsequenzen ziehen.
    wenn der deutsche staat so vorteilhaft geld über staatsanleihen erhalten kann, braucht er sich doch nicht um andere quellen bemühen. bei greichenland z.b. sieht es ganz anders aus: für die gelten genau die empfehlungen: vermögen besteuern – denn wenn der staat so hoch verschuldet ist muß nach der logik jemand anders viel geld haben – so habe ich den beitrag verstanden.

    Antworten
    1. Steffen

      Das ist richtig. Es gibt Griechische Privathaushalte, die über verdammt viel Geldvermögen verfügen. Und ein besonders Großes Problem in Griechenland ist die Steuereintreibung. Zwar ist es auch sinnvoll, Vermögende stärker zu besteuern, das Hauptproblem besteht für den griechischen Staat aber im Eintreiben. Das dauert dort wohl häufig Jahre. Eine Ursache ist Korruption. Nun ist Griechenland schon drin und wir kommen nicht umhin, dabei zu helfen, diese Probleme zu lösen. Eine weitere Konsequenz ist, dass man bei der Aufnahme künftiger Staaten in den EUR-Raum darauf achten sollte, dass das Staatswesen gut funktioniert.

  6. tp1024

    Im Grunde tritt man heute den Südeuropäern mit der gleichen Arroganz gegenüber wie vor etwas mehr als 20 Jahren den Ostdeutschen. Inklusive ganz vergleichbarer Vorurteile und Folgen. Auch wenn ein Rückgang der Industrieproduktion von 25-30% noch nicht einmal die Hälfte beträgt … aber in Anbetracht der unerschütterlichen Arroganz die man tagtäglich beobachten kann, wird das schon noch werden.

    Antworten
  7. jan

    Ich hab ne Frage na den Experten Steffen:

    Abseits von EU etc, kann man generell sagen, das Import (Schutz) Zölle von Konsumgütern eine schlechte Sache sind, weil die sie den Konsum einschränken? Oder ist das zu einfach gedacht?

    Antworten
    1. Steffen

      Schutzzölle erhöhen den Preis eines Importgutes und verringern damit die Nachfrage danach, weil weniger Menschen bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen. Nun ist die Frage, weshalb ein Land Schutzzölle erhebt. Das kann sehr unterschiedlich motiviert sein. Beispielsweise könnten Schutzzölle nur auf eine Produktgruppe erhoben werden (aktell in den USA gegenüber chinesischen Solarzellen), weil ein anderes Land seine Produkte zu Dumpingpreisen unterhalb der Produktionskosten anbietet.

      Als ich im Podcast von Schutzzöllen sprach, waren generelle Zölle gegen z.B. alle (!) deutschen Waren gemeint. Die Intention ist hier, dass es nicht zu Leistungsbilanz-Ungleichgewichten kommt und die eigene Wirtschaft (z.B. die brasilianische) gegenüber der z.B. deutschen Wirtschaft geschützt werden soll. Wenn z.B. Brasilien die gleichen Produkte herstellt wie bspw. die Deutschen, hat der Brasilianische Konsument die Wahl, ob er brasilianische oder deutsche Produkte kauft. Die Entscheidung für das eine Produkt ist gleichsam eine Entscheidung gegen das andere und gegen die andere Wirtschaft. Der Brasilianer hat natürlich ein Interesse daran, seine eigene Wirtschaft zu stärken und nicht etwa eine andere. Schutzzölle schränken also nur den Warenverkehr ein, nicht den Konsum.

      Auf der anderen Seite: Würden die Deutschen endlos ihre Produkte nach Brasilien verkaufen, würden wir hier einen großen Berg “Real” (das ist der Name der brasilianischen Währung) anhäufen. Das nennt man dann Devisen. Diese Real nützen uns aber nur etwas, wenn wir sie wieder in Brasilien ausgeben. Selbst wenn der Geschäftsmann seine Real bei einer Bank gegen Euro eintauscht, verschiebt er das Problem nur auf die Bank. Dann muss die Bank ihre Real wieder loswerden. Haben die Brasilianer auf Dauer etwas dagegen, dass sie viel mehr importieren als exportieren, werten sie im Zweifelsfall ihre Währung ab und das beflügelt ihre eigenen Exporte, weil für das Ausland die brasilianischen Waren billiger geworden sind. Gleichsam sind für den Brasilianer alle ausländischen Waren teurer geworden, weil er mehr Real dafür auf den Tisch legen muss. Dadurch haben aber auch die deutschen Devisen (der angehäufte Real-Berg) an Wert verlorgen, wir bekommen dafür also weniger brasilianische Güter als vorher. Deshalb ist ein permanentes Anhäufen von Devisen auch sinnlos. Sie müssen ausgegeben werden.

      Fazit: mittel- bis langfristig sollte man eine ausgeglichene Leistungsbilanz haben, sonst ergeben sich daraus – wie dargelegt – in irgendeiner Form negative Folgen. Und wenn Schutzzölle zu einem Ausgleich beitragen, ist das ok. Ungebremster Freihandel hat nämlich nicht nur positive Effekte, wenn er starkt einseitig ist.

    1. Nachtflug

      Steffen: hast du die Alternativlos-Folge zu Korruption (bzw. Griechenland) mal gehört? Was sagt der Chefökonom zu den Argumenten von Frank und Fefe zu dem Thema? (Falls nicht: Unbedingte Hörempfehlung!)

      Von mir aus auch ein dickes Dankeschön! Es ist echt traurig, das so ein allumfassendes Bild und die Aufklärung über die Situation schon fast einzigartig ist 🙁

    1. Rolf

      Tja… in der Vergangenheit hatte man dann aber die Option einer galoppierende Inflation mit anschließender Währungsreform. Das ist beim Euro nicht mehr möglich, weil die “gesunden” Länder verständlicherweise absolut kein Interesse daran haben.

    2. Steffen

      Es gibt keine gesunden Länder oder kaum. Staaten wie Frankreich, die die Zielinflation i.H.v. 2% nach EZB-Vorgaben eingehalten haben (langfristig im Durchschnitt), sind genauso gelackmeiert wie die Südländer. Das liegt an den Leistungsbilanzverwerfungen, die insbesondere Deutschland verursacht hat (neben z.B. Österreich). Damit ist Deutschland volkswirtschaftlich tief krank.

  8. stormitux

    Ein toller Podcast … und sogar mit hilfreichem Skript! Cool! Wenn Interesse an Postwachstumsökonomie besteht, dann kann ich evtl. einen coolen Prof. von der Uni Oldenburg ansprechen!

    Antworten
  9. oskarmüller

    In der ZEIT wurde, ich glaube in der vorletzten Ausgabe, argumentiert, dass Deutschland dabei sei, Europa zum dritten Mal in den letzten 100 Jahren zu verwüsten. Diesmal nicht mit Krieg, sondern mit seiner Weigerung, andere Länder tiefgreifend zu stützen, was zu einem Zusammenbruch des Euros und zu katastrophalen Zuständen in den betroffenen Ländern führte. Dass diese Perspektive in der BRD kaum wahrgenommen wird, erschreckt mich.

    Schon jetzt wird die Verschlechterung der Lebensbedingungen in Griechenland mit der Verschlechterung in Kriegszeiten verglichen.

    Antworten
  10. Hyperkeks

    Beeindruckender Vortrag und durchaus unterhaltsamer als erwartet.

    Aber leider ist das alles so komplex, das (behaupte ich mal) keiner wirklich alle Zusammenhänge versteht. Und ich habe den Verdacht, das ein rechter, neoliberaler „Finanzexperte“ auch vier Std reden könnte und dabei ähnlich überzeugen könnte, wenn er gut ist.

    Eure Bemerkungen zu Verschwörungstheorien fand ich ganz amüsant. Ich denke im Finanzbereich gibt es mehr „Verschwörungen“ als irgendwo sonst, wenn man eine Verschwörung als geheime Absprache definiert.

    Antworten
  11. Björn

    Das waren über 4 Stunden hochinteressanter, informativer und extrem gut strukturierter Inhalt. Danke dafür!

    Habe viel gelernt und viele meiner (riesigen) ökonomischen Wissenslücken sind nun ein klein wenig schmaler… Viele der von Steffen angeführten Argumente waren mir neu und ich habe eine Menge Stoff zum Nachdenken mit auf den Weg bekommen.

    Diese Wrint-Folge werde ich mir wohl noch öfter anhören!

    Antworten
  12. eeeeee

    Noch was zum Schluss: Den Vorwurf, dass der Markt versagt hätte, kann man den Neoliberalen nicht machen, denn der Markt hat ja die entsprechenden Banken ordentlich geregelt, nämlich in den Tod. Dumm nur, dass die Staaten sich so abhängig machten, dass sie die Pleitebanken retten müssen. Nicht gerade eine neoliberale Vorgehensweise.

    Zynisch betrachtet bedeutet das: Wenn die Neoliberalen Recht haben, werden die rettenden Staaten an ihrem Versuch, gegen die Bankensäuberung durch den Markt zu kämpfen, selbst pleite gehen. Wir wollen es mal nicht hoffen.

    Antworten
  13. m. naumann

    ***** 5 Sterne für den vortragenden Dialogpartner

    ***** Eine Sternstunde in der Deutschen Podcast Szene

    ***** Wissend, sympathisch, wendig und spritzig.

    Mehr geht nicht!

    Antworten
  14. Rainaah

    Danke an Holgi und v.a. Steffen, dass ihr das Thema hier mal beackert habe. Ich habe zum ersten Mal (!) das Gefühl, dass ich Ursachen und Stand der Krise zumindest grob verstanden habe! 🙂
    Das konnte ich bislang beim Verfolgen von Presse und Fernsehen nicht behaupten. Das liegt aber wohl, wie von euch schon angemerkt, an den komplexen Zusammenenhängen, die auch erstmal erklärt werden müssen.
    Den einzigen Politiker, den ich in der ganzen Zeit mit zumindest verständlichen Ausführungen erlebt habe war Sahra Wagenknecht in einem Interview.

    Antworten
  15. Levpan

    Danke, danke, danke!
    Ich hatte, u.a. durch Nachdenkseiten, “Stresstest-Deutschland” & co, ein relativ ‘großes’ Wissen zu diesem Thema angehäuft aber diese Folge hat sehr viele Lücken geschlossen!

    Die Beste Wrint Folge bisher – wenn auch unwahrscheinlich zu wiederholen aufgrund der Brisanz des Themas.

    Und nochmals ein besonders großes Dankeschön, da ich jetzt Bekannten/Kollegen/Familie etwas an die Hand geben kann wenn sie die Krise besser verstehen wollen. Bei einem Bier auf einer Party oder am Küchentisch lässt sich sowas nicht erklären 😉

    Letztes Danke an Steffen für seinen sehr starken Vortrag und die ganze Arbeit die dort drin gesteckt hat!

    Antworten
  16. Hans

    Wenn es so einfach wäre! Den Reichen was wegnehmen und die Löhne erhöhen. Sorry, aber nur durch Anstrengung und Wettbewerb verbessert sich was. So funktioniert die NATUR. Das hat nix mit neoliberal zu tun! Wenn von 10 Leuten einer fleißig und neun faul sind ist es sinnvoller die neun Faulen zu motivieren als den einen Fleißigen zu bestrafen!
    Als Beispiel auf den Fussball übertragen könnte man natürlich in Europa das Niveau von Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich usw. senken. Also weniger trainieren, damit sich das Niveau in Europa angleicht. Das alles fällt dann bei einer Europameisterschaft nicht negativ, sondern sogar positiv auf. Sehr schöne homogene Spiele.
    Nur bei der nächsten Weltmeisterschaft kommt die groooße Verwunderung warum die europäischen Mannschaften nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

    Antworten
    1. Hans

      Warum unterliegen dann unendlich viele wirtschaftliche -und natürliche Prozesse einer e-Funktion?
      Grüße
      Hans

    2. tp1024

      Tun sie nicht. Es ist eher eine 1/(e^(-x)-1) Funktion – besser bekannt als Logistik-Kurve. Die steigt am Anfang langsamer als eine e-Funktion, wird aber immer schneller … bis eine maximale Wachstumsgeschwindigkeit erreicht wird und das Wachstum genauso schnell abflacht wie es anfänglich anstieg.

      http://de.wikipedia.org/wiki/Logistische_Funktion

      Von exponentiellen Wachstum spricht man immer nur so lange, bis es aufhört. Danach nennt man es lineares Wachstum und anschließend Stagnation. Und das ist in der Natur der tatsächliche Normalfall, wenn es eine freie Nische und keine Konkurrenz gibt.

      Wäre es exponentielles Wachstum der Normalfall, würde jede Schimmelkultur in kürzester Zeit absterben. An einem Tag ist die Quark noch verschimmelt, am nächsten Tag weg. Das ist nicht der Fall. Das Wachstum bremst sich selbst.

      Das sieht man auch in der Wirtschaft – schau dir die Wachstumsraten von Westeuropa, Japan oder den USA einmal an. Dort redet man zwar dauernd von Wirtschaftswachstum, aber die tatsächlichen Wachstumsraten gehen seit Jahrzehnten zurück. In Japan stagniert die Wirtschaft seit über 20 Jahren.

      Wobei das BIP sowieso nur Zahlenspielerei ist, die mit der Realität an einigen Stellen kaum noch etwas zu tun hat. Der größte Teil des “Wirtschaftswachstums” in GB oder den USA findet seit Jahrzehnten in der Finanzwirtschaft statt, während der Rest stagniert.

    3. Florian

      Holgi, auch manche Tiere handeln miteinander (Primaten). Auch wurde nachgewiesen, dass Rabenvögel betrügen können.

    4. Turtle

      Das ist nicht unbedingt ein Argument gegen Holgis Aussage. Denn dann ist doch eher die Frage ob nicht auch Primaten zur Kultur fähig sind.

    5. Steffen

      Hans, du hast trotz 4,5h Podcast GAR NICHTS verstanden. Schade! Es gibt keine faulen Länder. Die Problemländer sind ja nicht faul gewesen, sondern sind auf Basis der Löhne niederkonkurriert worden und Deutschland hat damit in viel stärkerem Maße gegen die 2%-Inflations-Richtlinie der EZB verstoßen als andere Länder. Das hat mit Faulheit nichts zu tun. Ferner geht es nicht darum, ein Land schlecht zu machen und alle anderen besser, sondern es geht darum, den Wohlstand ÜBERALL zu steigern, aber in unterschiedlicher Geschwindigkeit. Wenn alles so weiterläuft wie bisher, zerfällt diese EUR-Zone und damit ein elementarer Bestandteil der EU!

      Abschließende Frage: Unter welcher Bedingung bist du denn bereit, deine Position als falsch anzuerkennen?

    6. Florian

      Steffen,
      ich denke es hat auch damit zu tun, dass Unternehmen bereit sind, für deutsche Produkte und Dienstleistungen mehr zu zahlen als für Produkte und Dienstleistungen aus Frankreich, Italien und Griechenland. Wegen des Euros ist es diesen Ländern nicht mehr möglich den Wettbewerbsnachteil durch eine vermeintliche mindere Qualität anhand einer Währungsabwertung auszugleichen. Im Gegensatz dazu haben Länder wie Deutschland, Österreich, oder die Niederlande von der künstlichen Abwertung profitiert.

    7. Steffen

      Ja, mit der Gemeinschaftswährung ist wie im Podcast ausgeführt das Instrument der individuellen Währungsabwertung aus der Hand gegeben worden. Aus diesem Grunde wäre es notwendig, überall in der EUR-Zone eine gleiche Inflation zu haben, was eine gleiche Entwicklung der Lohnstückkosten nötig macht.

    8. Hans

      Hallo Steffen,
      ich bin kein Volkswirt, aber mein Verständnis über Wohlstandssteigerung hat nicht nur mit Handel und Arbeitsteilung zu tun.
      Ich denke ein großer Teil des Wohlstandes in der westlichen bzw. reichen Welt hat mit Kriegen, Unterdrückung, technischer- und medizinischer Überlegenheit usw. zu tun. Vieles geht dabei natürlich auf Kosten anderer Länder. Der Wettbewerb und die Konkurrenz untereinander hat damit viel zu tun. Wer baut die besseren Waffen, wer hat die überlegenere Technik.
      Wenn wir also andere Länder durch bessere Lösungen auskonkurrieren ist das doch erstmal nichts schlechtes, denn es ist eine Leistung!
      Logischerweise muss es von Zeit zu Zeit einen Ausgleich geben, damit das Spiel weitergeht.
      Ob wir eine Schulden- oder Guthabenkrise haben ist völlig egal, Hauptsache eine Krise, damit sich alles zusammenreißen und schufften. Drohungen, dass es schlechter wird sind eben ein besseres Mittel zur Ankurbelung der Wirtschaft, als Belohnungen.
      Mir hat der Podcast übrigens sehr gefallen, nur eben die Sache nicht mit höheren Löhne für Deutschland wäre die Lösung.
      Um Produktion von Asien zurückzuholen ist der Ansatz mit Verzicht auf Lohnzuwächse schon nicht verkehrt. Und nicht konkurrenzfähige Länder müssen wohl Lohneinbußen hinnehmen, um weltweit wieder Fuß zu fassen.
      Und wenn der Euro schwach bleibt und die Zinsen niedrig, dann werden es auch wieder einige Länder schaffen, auch wenn es dauert.
      Grüße
      Hans

    9. Steffen

      1. Länder mit besseren Lösungen
      Die Annahme, dass die deutsche Wirtschaft deshalb so exportstark ist, weil unsere Produkte sehr viel besser sind als die anderer Länder, wir also unter anderem bessere Produktlösungen haben, ist falsch. Möglicherweise bauen wir bessere Produkte, aber das ist nicht die Ursache für den sprunghaften, ja gar den explosionsartigen Anstieg unserer Exporte. Dahingehend kann man sich in dieser Ansicht vom Statistischen Bundesamt einmal den Saldo im Außenhandel ansehen: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/Aussenhandel/lrahl01.html?cms_gtp=151906_list%253D1&https=1 Die Darstellung ist etwas unglücklich, lässt sich aber nicht ändern. Man müsste das noch inflationsbereinigen, aber wenn man sich das nichtsdestotrotz einmal im Zeitverlauf ansiehst, ist festzustellen, dass ab 2002 der Saldo (Exporte minus Importe) sprunghaft ansteigt. Gemäß der “Produktqualitäts-These” würde das ja bedeuten, dass die deutschen Produkte vor 2002 eine deutlich geringere Qualität gehabt haben und dass es einen sprunghaften Qualitätsanstieg gab.

      Heiner Flassbeck hat hier: http://www.youtube.com/watch?v=mfKuosvO6Ac bei 31min 36sek eine noch bessere Darstellung. Es lohnt im Übrigen auch den gesamten Beitrag von Flassbeck zu schauen.

      Unterm Strich wid deutlich, dass nicht die Produktqualität, sondern die Entwicklung der Lohnstückkosten die Ursache der Leistungsbilanzverwerfungen sind. Wir bauen also nicht (in erster Linie) die besseren Produkte, sondern die relativ billigeren. Und selbst wenn wir die Weltspitzenprodukte bauen, müssen wir sie nicht zu Niedrigspreisen verscherbeln.

      2. Hauptsache eine Krise
      In der Regel verursacht eine Wirtschaftskrise einen Wohlfahrtsverlust und darum ist es gar nicht wünschenswert, eine solche zu haben. Deine Aussage impliziert, dass du annimmst, andere Länder würden sich ohne Krise nicht anstrengen (in welcher Hinsicht und auf welches Ziel hin auch immer). Woran machst du das fest? An gestiegenen Staatsschulden? Spanien hat vor der Krise einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet, Italien seit mehreren Jahren den Grad der Staatsverschuldung zurückgefahren, andere EUR-Länder waren mit der Staatsverschuldung weit unterhalb der Maastricht-Kriterien. Machst du das an etwas anderem fest? Dann woran?

      3. Drohungen und Belohnungen
      Drohungen und Belohnungen haben überhaupt gar nichts mit einer Wirtschaftsentwicklung zu tun! Mit dieser Art von Stammtischökonomie kann man seine Kumpels in der Kneipe unterhalten, aber weder Krisen erklären, noch lösen. Soll eine Wirtschaft angekurbelt werden, muss Nachfrage erzeugt werden. Niemand gibt mehr Geld für Waren aus, weil ihm gedroht wird, er würde sonst morgen seine Arbeit verlieren. Niemand kauft mehr Waren ein, wenn ihm gedroht wird, ab morgen sinkt sein Einkommen um 30%. Die These vom Drohen und Bestrafen wird jeden Tag aufs Neue widerlegt. Im Podcast habe ich ja ausführlich dargestellt, zu welcher Wirtschaftsentwicklung all dies geführt hat.

      Mit populistischen Ansätzen kommen wir leider nicht weiter. Soll diese Krise gelöst werden, müssen ihre Ursachen erkannt werden.

  17. Robert

    Wow!
    Ich habe heute morgen nur die ersten 40 Minuten gehört, aber diese Episode ist nach den unsäglichen Episonen “Sunpod” (vermutlich Realitätsfremdheit im Endstadium) und “Mogadischu” (vermutlich angetrunken) ein Befreiungsschlag. Die beiden o.g. Folgen haben mich so stark enttäuscht, dass ich um ein Haar das Flattr-Abo gekündigt hätte.
    Hier in dieser Folge ein interessanter Gesprächspartner, dem man gerne zuhört und ein starker Holgi.

    Danke!
    Robbi

    Antworten
  18. Florian

    Hallo,

    erstmal Danke für den tollen Podcast! Allerdings vermisse ich Hinweise auf betrügerische Aktivitäten. Es scheint mir, dass Steffen über die Wahrscheinlichkeiten in einem Pokerspiel referriert, während gleichzeitig die Karten gezinkt sind. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist daher formal korrekt, allerdings in der Realität wertlos.

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Florian,
      kannst du das bitte konkreter machen? Dann bemühe ich mich um eine spezifische Antwort.
      Danke!

    2. Florian

      Hallo Steffen,

      Danke für die schnelle Antwort! Mir fallen da spontan ein:
      – Der Libor Skandal. Die möglichen Schadensersatzforderungen sind m.E. astronomisch
      – Das ‘Robo-signing’: Banken haben die Verträge nicht notariell beglaubigen lassen, sondern Sie von irgendjemanden von der Strasse unterschreiben lassen. Das wurde dann nachträglich für rechtens befunden:

      http://www.msnbc.msn.com/id/44365184/ns/business-us_business/t/robo-signing-scandal-may-date-back-late-s/

      http://www.nolo.com/legal-encyclopedia/false-affidavits-foreclosures-what-robo-34185.html

      Dies geschah im übrigen auch bei den Zwangsvollstreckungen. So wurden Leute aus ihren Häusern geworfen, obwohl Sie für diese niemals einen Kredit aufgenommen haben.

      – Anscheinend war es Goldman Sachs schon früh bekannt, dass die CDSs Schrott waren. In einigen E-Mails wird sogar geschrieben, dass sie Sch* seien, die man weiterverkaufe:

      http://www.rte.ie/news/2010/0425/goldmansachs.html

      http://news.bbc.co.uk/2/hi/business/8646487.stm

      Da man dies wusste, konnte man natürlich prächtig Gewinne damit machen, indem man darauf gewettet hat, dass diese abschmieren.

      Außerdem, wenn es recht ist, möchte ich wissen, wie Du Dir erklärst, dass es trotz der Geldmengenausweitung zu keiner Inflation kommt. In der Schule (lang ist es her) habe ich mal gelernt, dass Inflation zuerst die Ausweitung der Geldmenge bedeutet; danach kommt es zu einem Anstieg der Preise. Hälst Du es für möglich, dass Steven Keene mit seiner Meinung recht hat? In der Debatte zwischen Keene und Krugman scheint es mir so zu sein, dass Keene als eindeutiger Sieger hervorgegangen ist. Was hälst du von dieser Debatte?

      http://www.creditwritedowns.com/2012/04/video-steve-keen-on-modelling-and-the-krugman-debate.html

      Danke für den tollen Podcast! Du und Holgi solltet öfter miteinander quatschen, da ein Ende der Krise (leider) nicht absehbar ist.

      Beste Wünsche,

      Florian

    3. Steffen

      1. Geldmengenausweitung und Inflation
      Im Podcast hatte ich ausgeführt, dass Gelddrucken nicht austomatisch zu Inflation führt, weil ein besonders wichtiges Kriterium ist, dass dieses Geld weit gestreut bei (nahezu) allen Haushalten ankommen muss. Stelle dir einen Jahrmarkt vor, der von Konsumenten besucht wird. Es wird Geld gedruckt, es kommt aber nicht bei den Haushalten/Konsumenten an. Wenn nun auf dem Jahrmarkt die Preise steigen würden, kauften die Konsumenten weniger. Die Produzenten/Anbieter (hier: die Budenverkäufer) würden ihre Preise wieder senken. Es kommt also gerade zu keiner Inflation. Außerdem kommen Preise vor allem durch Angebot und Nachfrage zustande. Erst wenn die Nachfrager mit tatsächlich mehr Geld auf den Markt gingen könnten sie beim einzelnen Anbieter (beim einzelnen Budenverkäufer) sich gegenseitig mit ihren Preisangeboten überbieten und der Verkäufer könnte für seine Warenangebote höhere Preise verlangen. Er hat ja nicht mehr Waren da, aber die Nachfrager mehr Geld. Wie im Podcast ausgeführt, reicht aber selbst das noch nicht. Das Geld muss in nennenswertem Maße gedruckt werden und es muss lange im Markt sein. Bislang ist das Geld noch nicht lange im Markt und wie in der Realität zu sehen, gibt es keine nennenswerte Inflation. Die Raten sind weiterhin moderat (“normal”).

      Geldmengenausweitung und Inflation sind zwei unterschiedliche Dinge. Wenn es dasselbe wäre, könnte Geldmengenausweitung ja nicht zu Inflation führen, sondern wäre dasselbe wie Inflation. Bei Schulwissen über Wirtschaft und Geld wäre ich immer vorsichtig. Dies bezieht sich nicht auf dich persönlich, bitte verstehe mich richtig. Aber wenn ich mir überlege, welchen Quatsch ich in der Schule gelehrt bekam (z.B. von der stets funktionierenden “invisible hand”/”unsichtbaren Hand” des Marktes gemäß Adam Smith, also die Vorstellung eines perfekten Marktes, und wenn ich mir überlege, wie viel von diesem Schulmaterial zu solchen Themen von Institutionen und Lobbygruppen gemacht wird, die neoliberal und monetär (“Monetarismus”) geprägt sind, dann schüttelt es mich.

      2. Warum keine Inflation
      Weshalb kommt es nun nicht zur Inflation? Die EZB druckt neues Geld und gibt es den Geschäftsbanken (das sind die normalen Banken, die wir so kennen). Diese hinterlegen das Geld aber direkt wieder bei der EZB und bekommen dafür Zinsen. Damit ist das Geld aber gar nicht im Umlauf und raus aus dem Markt. Es kommt nicht bei den Haushalten an. Die notwendigen Bedingungen für eine Inflation sind gar nicht gegeben.

      3. DEflationsgefahr in Europa
      Wenn ich nicht irre, kam ich im Podcast nicht mehr dazu, zu erläutern, weshalb wir eine Deflationsgefahr in Europa haben. Holgis Kopf ist vorher explodiert (es war bereits nach Mitternacht!). In vielen EUR-Ländern sinken die Einkommen aller Menschen. Gleichzeitig können die Produzenten billiger produzieren, weil die Löhne und Gehälter sinken. Wenn alle Menschen in einer Volkswirtschaft ein sinkendes Einkommen haben, sinkt ihre Kaufkraft. Irgendwann konsumieren sie dann auch weniger. Genau das erleben wir in weiten Teilen Europas. Die einzige Möglichkeit für die Produzenten, den Umsatz (Absatz) zu steigern, ist systematisch alle Preise zu senken (was durch niedrigere Lohnstrukturen auch möglich ist). Aber wie nennen wir es denn, wenn alle Preise sinken? Genau, Deflation! Wir haben in der EUR-Zone KEINE Inflations-Gefahr, sondern eine DEflations-Gefahr!

      4. Wahrschenlichkeitsrechnung
      Mir ist zwar klar, dass die Investmentbanken zocken und betrügen (wie wir in der Vergangenheit immer wieder gesehen haben) und dass dies ausgesprochen negative realwirtschaftliche Konsequenzen hat, ich bin mir aber noch nicht ganz sicher, welche Wahrscheinlichkeitsrechnung du im Podcast meinst. Kannst du mir bitte auf die Sprünge helfen? Lieben Dank!

  19. Michael

    Hi,
    wirklich toller Podcast, und vielen Dank Steffen für die intensive Vorbereitung.
    Was mich beim Zuhören aber etwas gewundert hat ist, dass hier von einer rein europäischen Perspektive ausgegangen wird. Innerhalb von Europa kann ich alle Argumente und Verbesserungsvorschläge nachvollziehen. Was ist aber mit der Konkurrenz aus dem nichteuropäischen Ausland?
    Die Argumentation in den 90er Jahren, die ja letztlich zur stagnierenden Einkommensentwicklung in Deutschland geführt hat, war ja immer “Wir müssen die Lohnstückkosten runter bekommen, um gegenüber den Schwellenländern konkurrenzfähig zu bleiben”.

    Also, ich denke nicht, dass dieser Punkt die Erkenntnisse des Podcasts fundamental über den Haufen werfen würde. Aber leider fehlt die “Weltwirtschaftsperspektive” im Podcast völlig.

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Michael, wir hatten leider nur 4,5 Stunden, danach ist Holgis Kopf explodiert und meine kognitiven Leistungen haben auch nachgelassen 😀 😉

      Was die Schwellenländer betrifft: Dieses Gelaber, wir müssen mit den Schwellenländern mithalten, kannst du komplett vergessen. Das wird es immer geben und es wird NIE funktionieren! Wie bitte sollen 80 Mio. Deutsche 1 Mrd. (!!) Chinesen aufhalten? Wer einem mit solchem Müll ankommt, dem kann man getrost einen nassen Waschlappen um die Ohren hauen. Ansonsten sind die Probleme der Wirtschaftskrise zunächst einmal innerhalb der EUR-Zone zu suchen.

      Ich verweise an dieser Stelle auch auf Flassbeck:
      http://www.youtube.com/watch?v=mfKuosvO6Ac

  20. Michael

    …. und noch ein kleiner Hinweis zur Inflationsangst:

    Zwar hat man uns Deutschen immer schön erklärt, dass die Inflation der 20er Jahre die Nazis und die sonstigen Desaster erst möglich gemacht haben, ABER:
    Leider hat man immer vergessen dazu zu sagen, dass die deutschen Eliten diese Inflation, und den damit einhergehenden Zusammenbruch der Wirtschaft, wollten!
    Es bestand weitgehend Konsens, dass Deutschland die Reparationszahlungen (infolge des ersten Weltkrieges) nur so abschütteln würde können.
    Diese Zusammenhänge sind sehr schön in “Von Bismarck zu Hitler” von Sebastian Haffner nachzulesen.

    Antworten
    1. Florian

      Kleine Korrektur Michael,

      die Reparationszahlungen an die Alliierten waren in Goldmark zu entrichten, eben damit sie nicht weginflationiert werden können. Außerdem handelte es sich bei der wirtschaftlichen Krise gegen Ende der 20er Jahre um eine Deflation. Daher hatten die A*bahnen (steinigt mich!) auch scheinbar einen Erfolg. Allerdings ging deswegen das Deutsche Reich auch pleite, was allerdings niemanden interessierte, da inzwischen WK II von Schicklgruber vom Zaun gebrochen wurde.

    2. tp1024

      Hier in Cottbus hatten wir 2010 eine VWL-Professorin die in der Makro-Vorlesung mehrfach behauptete, dass die Weltwirtschaftskrise damals mit hohen Inflationsraten einher ging. Und das obwohl ich sie schon beim ersten mal per Wortmeldung darauf hingewiesen habe, dass es damals eine Phase starker Deflation war. (Nein, es war kein Versprecher o.ä. sondern eingebettet in die Erklärung des IS/LM Modells.)

      Im Semester danach verschwand sie noch vor Ende der Vorlesungszeit von der Uni. (Evaluationsbögen sei dank.)

      Belegt leider das die erschreckenden Zustände in der VWL in Deutschland. Denn irgendwie muss besagte Person ja ihre akademischen Titel bekommen haben.

    3. Michael

      Hallo Florian und tp1024,
      sorry, ich hatte mich nicht ganz deutlich ausgedrückt. Man muss da zwei Phasen unterscheiden. In der ersten Phase (etwa 1919-1923) versuchte man sich durch Inflation aus den Reparationszahlungen zu retten. In der zweiten Phase (1929-1932) durch Deflation. Beides male ginge es darum sich faktisch zahlungsunfähig zu machen, egal in welcher Währung die Schulden bestanden. Da es klar war, dass außer Frankreich keine der Siegermächte erneut in den Krieg ziehen würde, um Deutschland wieder auf Zahlungskurs zu bringen, schien dieser Plan ja auch erstmal vernünftig.
      Welche der beiden Phasen/Pläne letztlich den Nazi-Deppen mehr Fans eingebracht hat, wird wohl schwer zu beantworten bleiben. Haffner (und Stefan Zweig übrigens auch) denken die Inflationsphase war schlimmer.

  21. Andre Heinrichs

    Erstmal: Danke für den ausführlichen Podcast.

    Nachdem ich den gehört habe fühle ich mich bestätigt in meiner Ansicht, dass die “Euro-Schulden-Krise” nur die Fortsetzung der “Banken-Krise” ist, was ich ja auch schon andauernd jedem erzähle, der es nicht hören will, unter anderem in Podcast-Form.

    Einziger Haken an diesem Podcast: Der ist zu lang, als dass man den mal jemandem verabreichen könnte. Oh, und Kapitelmarken wären hier wirklich praktisch.

    Antworten
    1. Steffen

      Leider lassen sich komplexe Sachverhalte nicht binnen 10 Min. erklären. Aber wenn du es drauf anlegst, kannst du deinen künftigen Gesprächspartnern die grundlegenden Inhalte innerhalb von 15 Min. erläutern (wenn sie dich reden lassen). Die ganzen anderen Details können sie ja dann selbst im Podcast nachhören. Ansonsten würde ich mich natürlich freuen, wenn dieser Beitrag weiterempfohlen wird.

      Im Zweifelsfall kann man auch immer den Fundamentalisten-Schnelltest machen: Unter welcher Bedingung ist das eigene Gegenüber bereit, seine eigene Position als falsch zu akzeptieren? Gibt es keine (erfüllbare) Bedingung, hat man es mit einem Fundamentalisten zu tun.

    2. Andre Heinrichs

      Dass man das Thema in Kürze nur anreißen kann, ist mir auch klar. Ich werfe bei jeder Gelegenheit, wo der Bullshit-Begriff Euro- und/oder Schulden-Krise auftaucht mit dem Hinweis, dass das immer noch die Bankenkrise ist.

      Weiterempfohlen hab ich den Podcast schon, der Beitrag erscheint aber erst in Kürze. Wobei ich für Lesewillige einfach mal auf das Skript verwiesen habe. Gerade am Ende, hast du ja ein paar Notizen übersprungen, die ich nochmal in Ruhe nachvollziehen will.

  22. Martin

    In Sachen Schweiz war der Hausökonom schlecht informiert. Die Schweiz unternimmt durchaus etwas gegen die übermässige Aufwertung des Schweizerfrankens gegenüber dem Euro und zwar hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) einen Mindestkurs von CHF 1.20 gegenüber dem Euro definiert. Der Kurs wird gehalten, indem die SNB unbeschränkt Euro kauft und dadurch den Schweizer Franken schwächt. Glücklicherweise ist es wesentlich einfacher, eine Währung zu schwächen als sie zu stärken.

    Diese Massnahme hat selbstverständlich Nebenwirkungen und Risiken: Als Nebenwirkung geht der Schweizerfranken gemeinsam mit dem Euro gegenüber anderen Währungen wie dem Dollar in den Keller und Importe werden teurer. Die Schweizer Exportindustrie profitiert einseitig, die übrige Schweizer Wirtschaft muss für den Franken-Mindestkurs bezahlen und so die Exportindustrie subventionieren. Ausserdem droht früher oder später Inflation, falls es der SNB nicht gelingt, ihre aufgeblähte Bilanz wieder zu reduzieren. Dazu kommen noch politische Probleme mit anderen Exportländern, die ihre Währungen ebenfalls schwächen möchten.

    Antworten
  23. Flo

    Danke an Steffen fuer die ganze Arbeit; war wirklich sehr informativ und bietet hoffentlich genug hintergrundwissen um gegen die naechsten die-scheiss-griechen-muessen-ausm-euroraum Stammtisch schwaetzer gegenargumente zu liefern.

    Danke auch an Holgi, der mir wiedermal beweist, dass Fernsehen und zum Grossteil auch Printjournalismus tot sind. In dieser ausfuerlichkeit koennte weder ein Sender noch eine Zeitung berichten.
    Natuerlich wird Steffen auch nicht allwissend sein, und ein paar Fehler sind bestimmt in der Argumentation. Aber am Ende gehts ja darum dass siich jeder seine eigene Meinung bilden kann, und nicht darum das staendig gleiche Gelaber der Politikerkaste bei Maischberger nachzuplappern.

    Antworten
    1. Steffen

      Ich danke. Ein paar kleine Fehler sind hier ja bereits dankenswerterweise korrigiert worden. Ansonsten sollte man bei dieser Debatte im Kopf behalten, dass Griechenland nicht DAS Problem der EUR-Zone ist. Griechenland ist nicht Nr. 1 der Probleme, auch nicht Nr. 2 oder 3. Eigentlich müsste es viel mehr um Leistungsbilanzverwerfungen und Lohnstückkosten gehen. Im Ausland wird das auch stärker diskutiert, aber die Deutschen sträuben sich dagegen.

  24. Tharben

    Achtung! Es folgt ein uninspirierter Dankeskommentar.

    Ja, also, räusper. Toll! Ich habe erst 1:58:38 gehört, aber das höchst konzentriert. Viele andere WRINT(heiten) sind nett zum nebenbei rum- und in den Schlaf rieseln (was ja nicht schlecht ist), aber bei dieser Folge höre ich wirklich konzentriert zu, und es lohnt sich sehr.

    Besten Dank, Steffen und Holgi!

    Antworten
  25. Turtle

    Großes Lob an Steffen und Holgi für diesen PodCast. Habe viele Dinge das erste Mal richtig verstanden, manches wieder ins Bewusstsein geholt und weiß nun auch besser worauf ich in der Berichterstattung über die Krise achten muss.

    Eine Frage an Steffen: Ich halte es schon länger für sinnvoll mich ein bisschen eingehender mit VWL/Ökonomie zu beschäftigen. Allerdings habe ich nicht vor nochmal zu studieren (habe ein naturwissenschaftliches Studium hinter mir). Nebenbei Kurse an der Uni belegen geht auch nicht wegen Job. Bleiben also Bücher. Allerdings kann ich nicht einschätzen was gut geeignete Bücher sind, die über den populärwissenschaftlichen Ansatz von Flassbeck hinausgehen, aber trotzdem noch zum Selbststudium geeignet sind. Hast du einen Tipp?

    Antworten
    1. Steffen

      Beschäftigt man sich mit der VWL auf wissenschaftlichem Niveau, wird es schnell mathematisch. Wobei dich das als Akademiker der Naturwissenschaften wahrscheinlich weniger stört. Ich sehe das Problem vor allem im Umfang: Wie in der Mathematik muss man für das Verständnis von Logarithmen, Kreisintegralen und trigonometrischen Funktionen zunächst einmal die Grundrechenarten verstehen lernen. In der VWL müsste man sich zunächst mit der Mikroökonomie (Perspektive auf das einzelne Wirtschaftssubjekt: einzelner Haushalt, einzelnes Unternehmen bzw. einzelnem Nachfrager und einzelnem Anbieter) und der Makroökonomie (gesamtwirtschatliche Zusammenhänge, Betrachtung der Summe aller Nachfrager und der Summe aller Anbieter) grundlegend beschäftigen. Hat man diese Grundlagen erlernt, geht es weiter mit Themen wie Konjunktur und Wachstum, also Fragen der Entstehung von Konjunkturzyklen und der Förderung von Wachstum. Vielleicht bin ich als Ökonom zu betriebsblind, aber ich halte es für schwierig, diese Dinge im Alleingang zu erschließen, wenn man kein Studium aufnimmt. Wenn du das im Selbststudium machen möchtest, müsstest du allemal einige Bücher lesen. Das Problem, welches ich da sehe ist, dass viele Bücher stark neoliberal geprägt sind. Sie gehen also von einem Markt aus, der ausschließlich Modellcharakter hat. Für einen Einsteiger ist auch John Maynard Keynes’ Werk “The General Theory of Employment, Interest and Money” (dt. “Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes”) eher ungeeignet.

      Wenn es um wissenschaftliche Literatur geht, können wir vielleicht folgenden Kompromiss finden. Ich habe gerade einmal geschaut, was mein einstiger Prof. empfohlen hat und das gebe ich an diese Stelle einfach weiter (vor allem da dieser Mann Keynesianer ist und ich ausreichend Vertrauen habe und ihn stets als äußerst Kompetent kennengelernt habe):

      Mikroökonomie:
      – Fehl, U., Oberender, P.: Grundlagen der Mikroökonomie, versch. Aufl., München (bei Amazon gebraucht für 2 EUR)

      – Hoyer, W., Eibner, W.: Grundlagen der mikroökonomischen Theorie, 4. Aufl., Düsseldorf 2011 (gebraucht ab 15 EUR)

      – Varian, H. R.: Grundzüge der Mikroökonomik, versch. Aufl., München/Wien (gebraucht ab 10 EUR)

      Wenn du dich für Geld und seine Funktionen interessierst, kannst du entweder im Netz die LateLine vom 11. Jan. 2011 suchen (Freie Themenwahl/Abschweifen) oder du liest Helmedag, F.: Geldfunktionen, in: [1995b] das wirtschaftsstudium (wisu), 24. Jg. (1995), S. 711-717, 729 ( http://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/vwl2/downloads/paper/helmedag/Geldfunktionen.pdf ).

      Lesenswert ist diesbezüglich auch: Helmedag, F.: Geld: Einführung und Überblick, in: Knapps Enzyklopädisches Lexikon des Geld-, Bank- und Börsenwesens, Auflage 2007, Fritz Knapp Verlag, Frankfurt am Main, Artikel-Nr. 4390 ( http://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/vwl2/downloads/paper/helmedag/Geld_Einf_4390.pdf ).

      Zum Abschluss der Mikroökonomie kannst du dieses hier noch lesen: Helmedag, F. / Reuter, N. (Hrsg.), Der Wohlstand der Personen, Festschrift zum 60. Geburtstag von Karl Georg Zinn, Marburg (Metropolis), S. 43-68 ( http://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/vwl2/downloads/paper/helmedag/allg_gg_.pdf ).

      Makroökonomie:
      – Bofinger, Peter: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Eine Einführung in die Wissenschaft von Märkten, 2. Aufl., München u. a. 2007 (neu 40 EUR); Der Autor ist der einzig Intelligente von den “Wirtschaftsweisen”

      – Mankiw, Nicholas Gregory: Makroökonomik (gebraucht ab 20 EUR, Standard-Werk in der Makro, ist aber weniger keynesianisch orientiert; didaktisch typisch amerikanisch)

      – Felderer, Bernhard und Homburg, Stefan: Makroökonomik und neue Makroökonomik, 9. Aufl., Berlin u. a. 2005 (gebraucht ab 5 EUR)

      vertiefende Makro:
      – Heine, M. / Herr, H.: Volkswirtschaftslehre, Paradigmenorientierte Einführung in die Mikro- und Makroökonomie, 3. Aufl. München, Wien 2003

      – Zinn, K.-G.: Konjunktur und Wachstum, 5. Aufl. Aachen 2002

      Mit diesen Dingen hast du eigentlich schon mehr als genug zu tun 😉 Ich hoffe, das entspricht deinen Vorstellungen.

    2. tp1024

      Ich habe damals sehr viel über die derzeitige Situation gelernt, als ich John Maynard Keynes “The Economic Consequences of the Peace” gelesen habe. (Gemeint ist hier der Friedensvertrag nach dem ersten Weltkrieg.)

      http://www.gutenberg.org/ebooks/15776

      Das Buch ist weit weniger trocken als die “General Theory”, erklärt aber sehr gut die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge der damaligen Situation. Über Geschichte lernt man auch noch einiges.

      Wobei selbst die General Theory an einigen Stellen durchaus unterhaltsam ist. Leider kommt in der Öffentlichkeit nie beißende Sarkasmus zur Sprache, mit dem Keynes vorschlug Leute Gräben ausschachten und wieder zu schütten zu lassen – oder Arbeiter Geldscheine in Flaschen stecken zu lassen, die Flaschen in Bergwerken zu deponieren und dann die Bergwerke zu schließen. Dann bekommen die Arbeiter Geld für ihre Arbeit und wenn die nächste Krise kommt, können die Leute wieder anfangen die Flaschen mit dem Geld auszugraben, ohne dass die Regierung ein neues Programm auflegen muss …

      Ebenso kann ich Adam Smith empfehlen. Der fängt aus historischer Notwendigkeit ganz am Anfang an und hat ein *sehr viel* differenzierteres Bild von der Wirtschaft als die Leute gemeinhin behaupten.

      http://www.gutenberg.org/ebooks/3300

      Achja, und spendet mal dem Gutenberg Projekt – die haben es wirklich verdient!

    3. Turtle

      Lieber Steffen,

      vielen Dank für die Liste. Genau sowas wollte ich gern haben. Mir geht es schon um einen mathematischeren Ansatz, da genau diese Modell mit denen der echte(TM) Wirtschaftswissenschaftler arbeitet, eben in den populärwissenschaftlichen Büchern ja auch gutem Grund ausgelassen werden.
      Für mich war halt immer das Problem einzuschätzen welches Buch was taugt und welches nicht, das kann man als Außenstehender nur schwer beurteilen. Insbesondere bei Fächern wie WiWi, da dort ja mehrere Modelle/Theorien nebeneinander koexistieren (in Physik ist das etwas einfacher, da kann man sich die Bücher nach ihrem didaktischen Aufbau aussuchen 🙂 )

  26. Peter W.

    Danke für diese hervorragende Sendung.
    Hat mir wirklich viele neue Denkansätze gebracht und auch einige Wissenslücken gefüllt.

    Hoffe Holgi gibt dir was von den Flattergeld ab oder wenigstens ne ordentliche Flasche Wein und nen gutes Essen 😉

    Antworten
  27. Florian

    Hallo Steffen,

    noch eine letzte mit vielem Dank für die rasche und umfassende Antwort.
    Du hast geschrieben, dass wir in einem deflationären Umfeld leben. Dennoch werden Fantastillionen in die Hand genommen und nichts passiert. Meine Frage nun: Hat das was damit zu tun, dass der Wert der Derivate die im Umlauf sind so viel grösser ist, dass sie gar nicht von der Verschuldung abgetragen werden kann und führt dies nicht (notwendigerweise) zu einem deflationären Kollaps? Könnte es sein, dass wir schon jenseits des Ereignishorizonts des Schwarzen Lochs Deflationskollaps sind?

    Liebe Grüsse,

    Florian

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Florian,

      ich habe ja schon beantwortet, weshalb es keine Inflation gibt, obwohl die EZB Milliarden Euro an die Geschäftsbanken gibt. Das Geld landet eben nicht im Markt. Ich denke, an der Stelle musst du dich von der Vorstellung lösen, dass Gelddrucken direkt zu Inflation führt.

      Eine Verbindung zu Derivaten kann ich überhaupt gar nicht sehen. Da zocken Banken mit Produkten, deren Wert sich auf die Entwicklung anderer Produkte bezieht (Derivate eben). Ich bin überhaupt kein Finanzmarkt-Experte, aber ich denke, dass es beim Derivate-Handel ebenso einen Gewinner und einen Verlierer gibt, wie bei anderen Wetten und Zockergeschäften auch.

      Ansonsten ist mir deine Frage noch nicht abschließend vollständig klar: “dass der Wert der Derivate[,] die im Umlauf sind[,] so viel grösser ist” als was?

      “[…] dass sie gar nicht von der Verschuldung abgetragen werden kann” -> Welche Verschuldung genau? Die Staatsverschuldung? Die Staatsverschuldung hat mit den Derivaten nichts zu tun. Höchstens könnte sich der Wert eines Derivats am aktuellen Marktkurs einer Staatsanleihe orientieren. Das kann nebenbei dem Staat aber auch egal sein, weil für ihn nur interessant ist, was er am Ende der Laufzeit zurückzahlen muss (steht auf der Anleihe drauf) und an wen. Was zwischendrin der Eigentümer mit der Anleihe macht, ist dem Staat egal.
      Oder meinst du die Sache mit der Schwimmbecken-Metapher? Dann sei darauf hingewiesen, dass Derivate kein GELDvermögen sind (außer ich irre mich).

      3. Deflationskollaps
      Wenn es einen Deflationskollaps bereits gegeben hätte, wüsstest du das 😉

      Liebe Grüße

      Steffen =)

  28. Matthias

    Die Finanzkrise hat ihre Ursprünge in der Aufhebung des Glass-Steagall Act (Trennung von Investmentbanken und Geschäftsbanken) 1999 durch Bill Clinton und in den sehr Undurchsichtigen Finanzinovationen.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Glass-Steagall_Act

    Wenn ich dann lese, dass Geschäftsbanken heute 1/3 ihres Umsatzes mit ihren Kunden (Kredite, Spareinlagen etc.) und 2/3 am Markt (z.B. Börse) machen und selber die Mechanismen am Markt selber nicht mehr verstehen bzw. darauf hoffen frühzeitig aus steigen zu können, dann kann ich auch über eine Selbstkontrolle ala Basel 3 auch nur noch lachen. Einzig die Produkte die noch verstanden werden bekommen eine größere Kontrolle und das sind z.B. die Kredite der Privatkunden. Es wird also schwieriger Kredite zu bekommen während auf dem Finanzmarkt weiter “rumgewettet” wird. Banken sollten sich lieber wieder auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren: Finanzintermediär – Geld von Subjekten mit einem Kapitalüberschuss an Subjekte mit Kapitalbedarf vermitteln (im Idealfall für eine Investition die eine Volkswirtschaftliche positive Wirkung hat (z.B. Verteilung von Löhnen)). Wetten und Spekulationen haben jedoch zum Ziel viel Geld in noch mehr zu verwandeln, ohne eine Volkswirtschaftliche Zielsetzung zu haben.

    Daher meine Frage: Wer bezahlt mir in Zukunft meine Zinsen wenn ich mein Geld überwiegend nur anlege bzw. damit nur spekuliere? Eine Zinseszinskurve weißt eine exponentiell wachsende Kurve auf. Bei einem Zins ab 4-5% (Inflationsbereinigt) und nach 30-50 Jahren geht der Anstieg der Kurve rapide nach oben. Wenn ich (und auch andere) also nun ohne Volkswirtschaftliche Zielsetzung versuche mein Geld zu vermehren (also nicht dem wirtschaftlichen Verteilungsprozess zur Verfügung stelle), wer bezahlt mir den Zins nach 30-50 Jahren?
    Eine Volkswirtschaft mit einer Wirtschaft in die nicht im gleichen Maße investiert wird kann es ja wohl nicht sein, oder?

    Würde mich freuen wenn das Thema mal irgendwie in einer weiteren Sendung diskutiert werden könnte.

    Antworten
    1. Hans

      @Zinseszins
      wenn wir 2% Inflation haben, dein Gehalt um 2% steigt und du für dein Geld 2% Zinsen bekommst passiert einfach nix. Die Exponetialfunktion ist also reine Angstmache. Wenn man es logarithmisch darstellt ist es eine waagrechte Gerade. (NIXNULLKOMMANIX) Man kann sich dann überlegen ob man der Einfachheit halber alle 20, 30 oder 50 Jahre eine oder zwei Nullen wegstreicht. Kaufkraft bleibt aber immer gleich.
      In Wirklichkeit bekommst du aber nach Steuer und inflationsbereinigt negative Zinsen. Zumindest die große Mehrheit der Anleger, wenn man die wahre Inflation heranzieht. In deinem Beispiel erleidest du in 30 – 50 Jahren einen Kaufkraftverlust. Dein Geld arbeitet also nicht für dich und niemand muss dir reale Zinsen zahlen. Mit Glück, Mut und Risiko schaffst du es aber und gehörst zu einen sehr kleinen Kreis der Anleger welche ihre Kaufkraft durch Spekulation vermehren können. Auf lange Sicht aber unwahrscheinlich und für die Mehrzahl unmöglich.

    2. Matthias

      Es ist mir schon klar das eine hohe Rendite über die Jahre schwer über alt hergebrachte Finanzprodukte zu erreichen ist. Deswegen gibt es ja diese tollen Finanzinovationen die in kurzer Zeit viel Rendite zu wenig Risiko anpreisen. Problem ist nur das das Geld in diesen “Zockerkreisen” gehalten wird ohne jedoch eine wirkliche realwirtschaftliche Investition zu tätigen (wie z.B. bei Unternehmensanleihen).
      Deshalb stell ich meine Frage mal etwas anders. Wenn jetzt jeder Bürger sein Einkommen am “Wetttisch” einsetzt, wird die eine Hälfte gewinnen und die andere verlieren. Die Gewinner werden bestrebt sein ihr Geld weiter zu vermehren bzw. zu halten. Die Verlierer hingegen sparen und konsumieren nicht mehr (mit all den Konsequenzen wie z.b. sinkende Einkommen). Wenn man das oft genug wiederholt werden sich nach einiger Zeit Gewinner herausbilden die das Geld besitzen andere werden erneut neues dazu schießen um evtl. auch mal zu gewinnen. Doch wo wird das Geld wieder aus diesem System entnommen? Der Staat greift ja nur sehr beherzt zu, was Kapitalgewinne angeht. Wenn Geld entnommen wird dann doch nur für Konsum oder Immobilien, Gold, Kunst etc. Eine Investition in eine realwirtschafliche Unternehmung hat im Vergleich da zu doch nur eine geringere Attraktivität (Risiko, Laufzeit etc.). Siehe auch Kapitalflucht in Griechenland, wo bestimmte Leute (Gewinner) wie blöd derzeit z.B. in London Immobilien kaufen.
      Wenn also der Großteil einer Volkswirtschaft spart und ein kleiner Teil, nämlich die die Geld haben, nicht realwirtschaftlich und damit auch über einen längeren Zeitraum risikobehaftet investieren möchten, dann stelle ich mir die Frage, wer in Zukunft weiter die Rendite derer bezahlt, die keinerlei Kontakt zur eigentlichen volkswirtschaflichen Wertschöpung haben. Man kann auch anders Fragen, wer bezahlt die Kredite einer Volkswirtschaft, wenn nur ein geringer Personenkreis daraus einen Vorteil gezogen hat?

    3. Steffen

      1. Zinseszins
      Zinseszinen kannst man in einem Modell oder im Matheunterricht rein rechnerisch betrachten, in der realen Volkswirtschaft sieht es aber anders aus. Das liegt allein daran, dass Zinsen Gewinne sind und Gewinne aus Kapitaleinkommen (Zinsen) werden besteuert. Das verändert den Verlauf deiner Kurve. Wenn du langfristig anlegst, stellt sich die Frage, ob du einen Verlust machst. Das hängt davon ab, in was du investierst. Das lässt sich pauschal nicht beantworten, es sollte aber berücksichtigt werden, dass unter Umständen Verluste gemacht werden. Dies verändert neuerlich deine Gewinnkurve. Damit kann man aber auch die weit verbreitete Vorstellung eines einfachen Einkommens durch Zinseszins-Effekt nach rein mathematischem Vorbild verwerfen.

      2. Wer dir deine Zinsen auszahlt
      Da du mit einem Beispiel rechnest, in dem du inflationsbereinigt (!) noch 4-5% erzielst, muss ich davon ausgehen, dass du etwas risikofreudiger investierst, z.B. in Aktien oder andere Produkte, die am Finanzmarkt gehandelt werden. Dort wirst du sicher kontinuierlich Gewinne und Verluste verbuchen und nicht erst nach 30 bis 50 Jahren. Das Geld bekommst du dort immer vom Geschäftspartner, der dort ebenso tätig ist. Kaufst du Aktien und verkaufst sie später, dann bekommst du das Geld vom Aktienkäufer, ggf. einer Bank. Bei anderen Produkten ist das genauso. Ich kann dein Problem nicht recht nachvollziehen. Falls du dich dafür interessierst, woher das Geld dafür kommt: Von einer Geschäftsbank oder der Zentralbank. Entweder arbeitet ein Anleger mit Geld, das von der ZB ausgegeben wurde oder mit Giralgeld, das von einer Geschäftsbank geschöpft wurde.

      3. Finanzsektor und Realwirtschaft
      Ich habe den Eindruck, dass du beklagen möchtest, dass wir einen aufgeblähten Finanzsektor haben, hinter dem keine Realwirtschaft steht. Da gebe ich dir Recht. Aber im Finanzsektor wird Geld ja auch nicht gemehrt. Es wird nur aus der Sicht einer Person gemehrt, das geht aber immer einher mit dem Verlust bei einer anderen Person. Es ist nur ein Umverteilungsprozess.

  29. Abkueko

    Ich bin beeindruckt.

    Ein so gut recherchierte und informatives Sendungsformat habe ich noch nicht erlebt – schon gar nicht bei den kommerziellen Mediendienstleisten, obwohl sich diese es eher leisten könnten.

    Schade, dass dieses Wissen für eine geringe Spende (Holgi) oder ganz für lau (Steffen) erbracht wird. Eine Schande, dass solche Leistungen von der Gesellschaft nicht ausreichend honoriert (nicht nur im finanziellen Sinne) werden!

    Antworten
    1. Steffen

      Ich vertraue auf Holgis Ehrlichkeit: Ihr könnte auch braune Briefumschläge mit Inhalten, über die wir hier nicht reden wollen, an Holgi schicken mit dem Vermerk, dass die für mich sind. Das findet dann schon seinen Weg 😀

  30. quickmic

    Hi

    Bezüglich Enron… Es wurde ja am Anfang behauptet dass Enron falsch bewertet wurde. Ich hab natürlich nur wenig Hintergrundinfos, aber soweit ich weiss hat Enron massiv Bilanzen gefälscht.
    Jetzt kann man den Ratingagenturen ein falsches Rating diesbezüglich nicht vorwerfen, wenn man anhand dieser Bilanzen geratet hat. Einzig eine massive Naivität könnte man geltend machen.
    Es ist mir aber fern die Ratingagenturen zu verteitigen 🙂

    Antworten
  31. Hans

    Inflation ist eine Steuer!
    Der Staat besteuert Kapitalerträge mit 25% plus evtl. Kirchensteuer also 26,275 %. Jetzt kommt oft das Argument, dass Kapitalerträge (25% – 26,275%) geringer besteuert werden als Einkommen (max. 42%).
    In Wahrheit wird durch “gesteuerte” Geldentwertung (Inflation) Kapitalvermögen zur Zeit mit ca. 3% besteuert.
    Um sein Kapital als Kaufkraft zu erhalten sind also mind. 4% Zinsen nötig. (3% Inflation + 25% Kapitalertragssteuer)
    Wenn also jemand 4% Zinsen bei seiner Bank bekommt zahlt er 100% Steuer auf seine Kapitalerträge.
    Wenn jemand mit seinem Kapital zur Zeit Geld verdienen will muss es logischer Weise mehr als 4% sein.
    Um das Beispiel mit dem Höchststeuersatz auf Einkommen(42%) aufzugreifen müsste man schon ca. 9% Zinsen auf sein Kapital bekommen um ein Gleichgewicht zu bekommen.
    Wer momentan 9% Zinsen auf seine Ersparnisse bekommt bezahlt in Kaufkraft gerechnet immer noch den Spitzensteuersatz von 42%!!!

    Und da fordern einige mehr Kapitalertragssteuern als heute?
    Weil die Reichen dadurch ja immer reicher werden. 🙂
    In Wirklichkeit wird jeder Kleinsparer mit weniger als 4% Zinsen enteignet und bei 9% Zinsen zahlt er immer noch den Höchststeuersatz!

    Antworten
    1. Steffen

      Hans, der Kleinsparer definiert sich dadurch, dass er wenig Kapital spart. Es gibt einen Freibetrag von 801 EUR pro Person (Eheleute 1602 EUR), der gar nicht besteuert wird. Wenn wir großzügig sind und davon ausgehen, dass ein Ehepaar bei aktueller Marktsituation 4% Zinsen bekommt, dann kann dieses Ehepaar 40.000 EUR anlegen und muss keine Steuern bezahlen. Also sorry, aber bei einem Sparvermögen von 40.000 EUR rede ich nicht mehr vom Kleinsparer. Bist du FDP-Mitglied, dass du hier Kleinsparern Angst machen willst, die von der Besteuerung auf Kapitalerträge gar nicht betroffen sind?

      Will also der Kleinsparer nur keinen Verlust seiner Ersparnisse hinnehmen, reicht es völlig, Zinsen in Höhe der Inflationsrate zu erhalten.

      Wer mit seinem Geld mehr Geld verdienen will, macht am besten ein Unternehmen auf und das ist auch nicht neu.

      Wer Vermögensmillionär ist, erwirtschaftet häufig eher mehr als 9% Zinsen. Dabei hat jeder (auch der Millionär) den oben genannten Freibetrag, der nicht besteuert wird. Deine Rechnung ist also eine Milchmädchenrechnung. Noch ein weiterer Denkfehler: Bei Kapitaleinkünften rechnest du die Inflation mit, bei den Lohneinkünften nicht.

      Wer so fürchterlich Inflationsängstlich ist, sollte sich einmal sein eigenes irrationales Verhalten auf der Zunge zergehen lassen, wenn er sich ein Auto oder einen Computer kauft oder etwas ähnliches, bei dem der Wert so schnell verfällt, dass er mit dem Gucken gar nicht hinterher kommt. Jeder Autokäufer und Computerkäufer akzeptiert es, wenn das darin investierte Kapital extrem schnell an Wert verliert, aber wehe in seiner Reinform verliert das Geld (weit weniger als bei diesen Käufen) an Kaufkraft. Das ist hochgradig irrational.

    2. Hans

      Da der Lohn im Normalfall direkt nach der Arbeit ausbezahlt wird, wird die Inflation natürlich nicht mit einbezogen, also kein Denkfehler!
      Die Aufgabe des Geldes ist auch der Werterhalt, deshalb ist Inflation auf mein bereits versteuertes Einkommen eine Doppelbesteuerung oder Enteignung.
      Mir ist schon klar, dass etwas Inflation für die Wirtschaft gut ist. (die Leute sollen ja das Geld heute für Waren, Dienstleistungen und Investitionen ausgeben und nicht horten um billigere Preise abzuwarten)
      Dennoch ist eine Kapitalertragssteuer ohne Berücksichtigung der Inflation äußerst kritisch zu sehen.
      Guten Tag

    3. Steffen

      Konstruktive Beiträge zur Beseitigung der Finanz- und der Wirtschaftskrise meine ich. Oder soll ich die Frage derart auffassen, dass du keine Krise siehst? In diesem Falle hielte ich es für ziemlich gefährlich, die Krise auszublenden, nur weil andere Länder mit anderen Folgen betroffen sind als wir es in Deutschland aktuell sind. Wenn es so weitergeht wie bisher, wird unsere Wirtschaft hier in der einen oder anderen Form mächtig getroffen. Selbst wenn wir die EUR-Zone halten können, ohne die Ursachen zu kurieren und so weitermachen wie bisher, werden unsere Exporte in die anderen EUR-Länder weiter sinken. Wir können aber nicht ewig in Nicht-EUR-Länder so massiv exportieren, wie wir es bisher mit den EUR-Ländern gemacht haben, weil sich der Rest der Welt dagegen wehren kann und dies irgendwann auch tun wird. Allein von dieser Seite her ist dann einfach Schluss mit Exportwirtschaft auf dem bisherigen Niveau. Bricht die EUR-Zone auseinander, werten die betroffenen Staaten ihre Währungen im Zweifelsfall über Nacht um 40%, 50%, womöglich 60% ab und dann trifft das unseren Export ebenso. Wird unser Export getroffen, schlägt das weiter durch auf die Binnenkonjunktur. Von diesen Gefahren spreche ich.

      Jetzt stellt sich die Frage, wie man diese Probleme konstruktiv angeht. Deneben gilt es die Finanz- und Bankenprobleme zu lösen und Mechanismen zu schaffen, die künftig verhindern, dass soetwas noch einmal passiert.

  32. rausche

    Danke Steffen, danke Holgi. Wenn ich das höre dann wird mir ganz mulmig wenn ich an die Zukunft denke in der meine beiden Jungs aufwachsen werden oO.
    Für deine großartige Arbeit Steffen würde ich dir auch gern was in deinem FlattrHut werfen. Wo ist der oder hab ich was übersehen?

    Antworten
    1. Steffen

      Ich habe keinen Hut. Aber ihr könnt Holgi ja einfach doppelt flattrn und ihn dazu auffordern, mir auch ein Bier mitzukaufen 😉 Dann müsste ich nur irgendwann einmal Zeit für ein Hörertreffen finden *g* Ansonsten weiß ich dein Angebot sehr zu schätzen. Vielen lieben Dank!

  33. Matthias

    Sehr, sehr, sehr gute Folge!
    Da habe ich selbst mit meinem BWL-Studium noch viel gelernt.
    Das sollte man unserer kompletten Regierung als Pflichtveranstaltung vorschreiben.

    Gruß,
    Matthias

    Antworten
  34. innerand

    Sehr gute Folge, vielen Dank dafür!

    Eine Frage hätte ich noch zu den Staatsanleihen mit negativer Rendite:
    Wie kann es das geben? Ich meine, bevor ich jemanden dafür bezahle, dass er mir mein Geld eine Zeit lang abnimmt, lasse ich es doch “rumliegen” so verliere ich wenigstens bloß die Inflation.
    Da das Geld ja ohnehin digital ist, gibt es hier ja afaik auch keine Lagerkosten oder Ähnliches.

    Wie kommt es also dazu?

    Antworten
    1. Steffen

      Das hat gleich mehrere Ursachen. Es gibt Institutionen, die sind per Gesetz dazu verpflichtet, (relativ) ausfallsichere Staatsanleihen zu kaufen, z.B. Versicherungen, wenn es um bestimmte Versicherungsprodukte geht. Es könnte durchaus sein, dass es solche Bestimmungen nicht nur für deutsche Versicherungen gibt, sondern auch für solche in anderen Ländern. Das lenkt die Nachfrage aktuell verstärkt auf deutsche Staatsanleihen und weil Angebot (hier: recht fix/unflexibel) und Nachfrage (hier: sehr groß/stark gestiegen) den Preis bestimmen, fällt der Preis zugunsten des Anbieters (hier: der Staat) aus.

      Ein wesentlicher weiterer Grund, der für eine starke Nachfrage sorg ist, dass die Menschen in verschiedenen Ländern (Griechenland, Italien, Spanien, Portugal) verstärkt Angst davor haben, dass in einiger Zeit die Währungsunion auseinander fällt und sie dabei eine neue, eigenständige Währung bekommen. Die Angst bezieht sich darauf, dass die neue Währung (z.B. “Neue Drachme”, “Neue Lira” etc.) dann gegenüber dem einstigen Euro abwertet. Damit würden diese Menschen einen Kaufkraftverlust ihrer Geldvermögen hinnehmen müssen, was sie nicht wollen. Eine Möglichkeit, dem zu entgehen, ist das Geld für 2 Jahre in deutsche Staatsanleihen zu investieren. Dann ist es nur mittelfristig gebunden und wenn die Währungszone auseinander bricht, dann vermutlich innerhalb dieser Zeitspanne. Zahlt der deutsche Staat nach diesen zwei Jahren dann seine Schulden zurück, wird er es so oder so in einer harten Währung tun, nämlich in Euro oder einer “Neuen Deutschen Mark”. Würden die Griechen, Italiener, Spanier etc. ihr Geld unter das Kopfkissen legen, verliert es im Falle des Zerfalls der EUR-Zone über Nacht 40%, 50%, vielleicht 60% an Wert. Legen sie es in deutschen Staatsanleihen an, verlieren sie hingegen nur 0,X% pro Jahr.

  35. Bene

    Holgi, Steffen,

    ganz großes Kino! Danke für diesen podcast!

    @ holgi: da Steffen keinen flattr-button hat, habe ich Dich zweimal geflattert; ein Klick ist bei mir in der Regel 50 Cent Wert :-).
    Wehe, das kommt nicht beim Steffen an!!!

    Antworten
    1. Franz

      Ueberrede den Steffen dochmal, sich auch Flattr zuzulegen, Holgi. Wuerde da auch gerne nochmal etwas in den Hut werfen.

  36. Thomas

    Vielen vielen Dank für die sehr informationsreiche Folge.
    Einen Teil davon habe ich in den 2 Monaten die ich in Spanien war schon mitbekommen. Aber das es so krass ist habe ich nicht gewusst.

    Antworten
  37. Niels K.

    Die Idee eines Credit Default Swaps (CDS) ist eigentlich nicht eine Sache zwischen Unbeteiligten.
    Nehmen wir das Beispiel aus dem Podcast:
    Holgi nimmt sich bei Bank A einen Kredit über 100.000€. Bank A will sich nun versichern, dass Holgi Pleite geht und sein Haus weniger wert ist als 100.000€ (das Bsp. ist ein wenig doof, weil bei so einem Kredit das Haus in der Regel die Sicherheit ist). Dafür geht Bank A zu Bank B und sagt: “Hey, versichert mir die 100.000€” und Bank B sagt: “Klar machen wir, aber zahlt uns jeden Monat 1000€”.
    Jetzt zahlt Holgi an Bank A jeden Monat seinen Kredit zurück und seine Zinsen. Bank A zahlt an Bank B jeden Monat ihre 1000€. Geht Holgi Pleite muss Bank B an Bank A die Ausfallsumme (100k€) auszahlen. Geht Holgi nicht Pleite, hat Bank A weitaus weniger eingenommen als normal wegen der monatlichen 1000€ und Bank B ist glücklich.

    Zur Wettanalogie: Jede Versicherung ist eine Wette. Nehmen wir eine Haftpflichtversicherung. Ich kann mich entscheiden jedes Jahr sagen wir 100€ für eine Haftpflicht zu zahlen. Wenn mir 10 Jahre nichts passiert ist, habe ich 1.000€ verloren. Ein Problem in den 10 Jahren, das mehr wert ist als die 1.000€ und ich habe die Differenz gewonnen und die Versicherung verloren.

    Antworten
    1. Niels K.

      Ach ja, so Rückversicherungen sind übrigens ganz normal. Das sieht man z.B. auch ganz gut bei Naturkatastrophen bei denen die Rückversicherer in der Regel bluten, da sich die Versicherungen eben rückversichern bei den Rückversicherern.

      Das Problem bei den CDS lag iirc daran, dass da sehr stark risikobehaftete CDS auf Immobilien und anderes mit anderen Risiken so gebündelt wurden, dass ihr Rating in einem Rahmen anstieg, dass sie auch von Finanzinstituten wie Fannie Mae und Freddie Mac gekauft werden konnten und somit anderen Regulierungen unterlagen.

    2. innerand

      CDS können einen Bezug zum “Wettgegenstand” haben (und sind dann tatsächlich eine Versicherung), das muss aber nicht sein und ist auch oft nicht so.

      Bei Versicherungen ist es so, dass genau der potentiell Geschädigte und nur der Versichert ist.

      Wenn ich zum Beispiel für mein Haus eine Brandschutzversicherung abschließe, dann habe ich zugleich den Schaden (Verlust des Hauses) und den Nutzen (Die Versicherung ersetzt den Schaden).

      Mit dem CDS-Konzept wäre es jetzt aber möglich, dass mein Nachbar eine Brandschutzversicherung für mein Haus abschließt.
      Und das ist ein Problem, da er den Schaden nicht hat. Der hätte dann also ein Interesse daran, dass man Haus abfackelt.
      Und nicht nur das, es wäre damit sogar möglich, dass auch noch 100 andere eine Brandschutzversicherung auf mein Haus abschließen.
      Wenn dann mein Haus tatsächlich abbrennt, dann ist der reale Schaden zwar nur mein Haus, an den Finanzmärkten multipliziert sich dieser aber mal 100, wodurch die Folgen weitaus drastischer werden als sie eigentlich sein müssten.

      Meiner Meinung nach gehören CDS daher reguliert und sollten zu echten Versicherungen werden.
      Nur wer auch vom potentiellen Schaden getroffen wird, sollte sich dagegen Versichern können.

    3. Niels K.

      Ich sag da jetzt mal ganz einfach: Nein, da liegst du falsch.
      CDS sind eine Versicherung und du kannst nicht meinen Kredit als Referenzwert nehmen und dass als Basis zu einer Wette nehmen. Die Bank, die deinen Kredit ausgab, hat einen CDS mit einem Rückversicherer gemacht.
      In deinem Beispiel: Dein Versicherer hat eine Versicherung mit einem Rückversicherer abgeschlossen. Nicht dein Nachbar hat sich das zur Basis genommen.
      Das Problem in der Finanzkrise war, dass es für alles mögliche CDS aufgenommen wurden und sichere Risiken (z.B. ne Immobilie) auf einmal zu unsicheren wurden durch die Immobilienblase in den USA und das in Massen. Dadurch konnten AIG & Co die CDS nicht mehr bedienen, die sie ausgegeben hatten.
      So war das iirc auch schon in anderen kombinierten Immobilien/Spekulationsblasen wie in Japan Ende der 80er/Anfang der 90er.

      Das Problem ist mit der Regulierung nur, dass CDS nicht wie Versicherungen reguliert werden und dadurch die Höhe des zu bezahlenden Wertes an den Ausgeber des CDS und die Höhe der Sicherheit des Versicherten nicht reguliert sind, wie bei einer Versicherung. CDS sind Versicherungen und sollten wie solche gehandhabt werden in der Regulierung, aber sie sind keine freien Wetten, die einen Versicherungsgegenstand eines unbeteiligten Dritten als Referenzwert nehmen.

      Aber ich kann jetzt ehrlich gesagt auch keine handfeste Quelle (wirtschaftswissenschaftliche Bücher, Paper, Regulierungsbeschlüsse u.ä.) aus dem Ärmel schütteln, um meine Aussage zu festigen. Aber vielleicht kannst du das ja, um deine zu festigen.

    4. innerand

      “Der CDS ähnelt damit einer Kreditversicherung. Allerdings erhält der Sicherungsnehmer die Ausgleichszahlung unabhängig davon, ob ihm durch den Ausfall des Referenzschuldners überhaupt ein Schaden entsteht. Credit Default Swaps sind also ein Instrument, mit dem unabhängig von bestehenden Kreditbeziehungen Kreditrisiken gehandelt werden können (..)”
      http://de.wikipedia.org/wiki/Credit_Default_Swap

      Also für mich klingt das schon sehr danach, dass ich mich damit gegen eines Ausfalls ihres Kredites versichern, ich also darauf Wetten kann, dass Sie Ihren Kredit nicht bezahlen.

    5. Niels K.

      Gut, ich gebe dir Recht.
      Meine Quelle: Stulz, René M. (2010): Credit Default Swaps and the Credit Crisis. Journal of Economic Perspectives 24(1). S. 73-92
      http://economics.kenyon.edu/melick/Econ391/E-Derivatives/StulzCDSJEP.pdf

      ich sehe es trotzdem noch nicht als pure Wette und auch nicht, dass das Ganze so einfach ist, wie du es beschreibst. Vor allem “das der andere ein Interesse hat, dass der Bankrott eintritt”. Das ist bei der Handhabung von CDS nicht so “einfach” wie ein Haus abzufackeln.

      Wie geschrieben, der oben verlinkte Artikel scheint sehr brauchbar zum Thema CDS zu sein und ist auch Peer reviewed.

  38. Andreas

    oh Mann, jetzt muss ich auch noch richtig zuhören um alles zu kapieren… vorbei die Zeit des Nebenbeihörens.

    Nein, eine sehr interessante (wenn auch aufmerksamkeitsfordernde) Folge – Dankeschön.

    Antworten
  39. Henning

    Super Folge !
    War seehr informativ.
    Leider muss ich mich nun noch mehr ärgern wenn in der Zeitung und im Netz über die Flickschusterei lese.
    Kann man nur hoffen dass alle noch zur Vernunft kommen bzw. der Rest von Europa Merkel die Stirn bietet (wenigstens etwas..

    Weiter so Holgi!

    Antworten
  40. Tharben

    So. Konsequent durchgehört. Und was mache ich jetzt?

    Holgi kotzt es an, Steffen kotzt es an. (Nehme ich an.) Mich kotzt es an. (Da bin ich mir sicher.)

    Was machen wir denn jetzt?

    Antworten
    1. Tharben

      Steffen, nimmst du ernsthaft an, dass du, Holgi, ich und die Handvoll anderen, die sich interessieren, gegen die geballt Macht von BamS, BILD und Glotze ankommen?

      Anders gesagt: ich fühle mich von der Übermacht aus Ignoranz und stolzer Dummheit entmutigt.

      Du nicht, oder? Woher nimmst du deine Hoffnung?

    2. Steffen

      Zunächst einmal zauberst du mir ein Lächeln ins Gesicht – danke! Um die Frage zu beantworten, nein, ich bin nicht so naiv, zu glauben, wir kämen hier einmal eben gegen Springer, Fernsehen, allgemeine Ignoranz sowie nationale Stereotypen an. Ich stelle auch viel zu häufig fest, dass Podcasts nur eine Nische füllen, die Hörerschaft sich also im Rahmen hält und vor allem in bestimmten gesellschaftlichen Gruppierungen zu finden ist. Nichtsdestoweniger muss man damit anfangen, in einer alternativlosen Welt Alternativen aufzuzeigen und diese zu verbreiten. Wenn ich mit diesem Beitrag X tausend Hörern ein besseres Verständnis gegeben habe, habe ich damit schon einmal etwas erreicht. Wenn es genug tausend sind, komme ich damit sogar so weit, wie es eine Regionalzeitung vermag. Wenn es euch gefallen hat, empfehlt es also gerne weiter!

      Ansonsten fällt mir gerade ein, gibt es da doch noch eine Partei, die vermutlich eine größere Affinität zu Podcasts haben dürfte als die anderen und welche noch kein vollständiges Parteiprogramm besitzt. Vielleicht dringt das ja zu dieser durch.

      Alleine bringe ich keinen Stein ins rollen, ich kann aber schon einmal zeigen, wo er liegt =)

    3. Marc

      Ich bedanke mich auch noch mal, Steffen, für diesen genialen Podcast. Ich verstehe jetzt sehr viel mehr als vorher.
      Wollte nur mal anmerken, dass diese Partei mit der hohen Podcast-Affinität sich doch tatsächlich von dir inspirieren lässt:
      https://krise.piratenpad.de/1
      Dieser Entwurf eines Positionspapiers baut auf diesem Podcast auf. Vielleicht hast du ja Lust, mitzuschreiben?

    4. Rayman

      Ich empfehle da, sich mal intensiv mit dem Programm der Partei Die Linke auseinanderzusetzen.

      Dieses entspricht im in großen Teilen den Punkten, welche im Podcast angesprochen und gefordert werden.

      Und nächstes Jahr sind Bundestagswahlen!

  41. Horst

    Vielen herzlichen Dank für diese unglaublich gute Folge! Endlich mal jemand, der nachvollziehbar und mit Quellen belegt ohne Polemik die Krise erklärt.
    Trotzdem würde mich ein bisschen der Hintergrund von Steffen interessieren, um das gesagte noch besser einordnen zu können. Holgis Hausökonom ist vermutlich nicht die offizielle Tätigkeit ;). Ist er wiss. Mitarbeiter an einer Hochschule? Gibt es eine Möglichkeit, ihn auch direkt zu flattrn?

    Antworten
    1. Steffen

      Zunächst habe ich (erfolgreich) Wirtschaftswissenschaften studiert. Im Anschluss habe ich den Pfad der Nationalökonomie im Wesentlichen verlassen, wenngleich ich mich wegen meines Fachbereiches und meines Interesses noch etwas mit ihr wissenschaftlich befasst habe. Da ich mit diesem Beitrag (in Deutschland, nicht jedoch international 😉 ) stark gegen den Strom schwimme und soetwas auch negative Nebenwirkungen haben kann, bleibt es offiziell dabei, dass ich nur Holgis “Hausökonom” bin. Flattrn kann man mich nicht, weil ich dafür keinen Hut habe. Flattrt den Holgi einfach doppelt und sagt ihm, er soll mir dafür bei nächster Gelegenheit ein Bier ausgeben 😉

      Liebe Grüße und danke für das Feedback!

  42. joedemo42

    Geilste Folge ever. Genau wie die Folge von Tim über Steuern. Klingt total langweilig aber ist total großartig.
    Dafür kann man nicht genug danken.

    Antworten
  43. ActionLuzifer

    Sehr schöne Folge.
    Würde mich freuen wenn dies der Pilot zu einem neuen Wrintianischem Format ist…z.B. die Wriese ^^ und ihr beide und/oder andere Gäste, regelmäßig weitere, verwandte Themen abgrast

    Antworten
  44. Dirk

    Möchte mich gerne anschließen. Tolle Sendung. Werde die Zusammenhänge gut in meinem Politikunterricht vermtteln können und die Folge meinen Schülern empfehlen.
    Vielen Dank Holgi und Steffen!

    Antworten
  45. Dirk

    Super Sendung! Als Wanderer zwischen der EU und dem kleinen Gallischen Dorf „Schweiz“ werden da einige Aspekte in ein neues Licht gerückt.

    Danke Steffen!

    Da hat sich Steffen die Flattr Anteile sich ordentlich verdient!

    Antworten
  46. mromang

    vielen dank an Holgi und Steffen für diesen Meilenstein am Podcast-Himmel! Hat mir als Schweizer auch einen deutlich besseren Einblick in die EU/Euro-Problematik gegeben.
    Weiss jetzt auch, was bei einem Staatsbankrott ungefähr alles passiert. Das war nämlich etwas, das in den Medien immer herumgeistert(e), aber nie wirklich erklärt wurde.
    Nochmals vielen Dank für die grosse Mühe!

    Antworten
  47. mrjerk

    Phänomenaler Podcast!
    Vieles hat man in den Nachdenkseiten schonmal angerissen gelesen, aber so umfassend und gleichzeitig gut verständlich hab ich selten eine Erklärung der Krise gesehen/gehört.

    Großes Lob an Holgi und Steffen!!!

    Antworten
  48. Maik

    Grandioser Podcast – Herzlichen Dank an Steffen und Holgi.

    Beim Hören sind mir ein paar (längere) Gedanken gekommen, die ich einfach einmal hier niederschreibe.

    1) Viele der Beispiele/Argumente von Steffen gehen ja explizit (teilweise auch implizit) von einer geschlossenen Volkswirtschaft aus, d.h. der Sektor Ausland, der auch zum Ausgleich aller Salden führen kann, ist ausgeblendet. Dazu zwei Punkte von mir: Erstens, wäre es interessant diesen Blickwinkel einmal zu erweitern. Z um Beispiel das Leistungsbilanzdefizit der USA, die massiv konsumieren, was alle anderen Länder produzieren, in den letzten Jahr(-zehnten) vor allem durch Erhöhung der Schulden. Oder auch die Rolle Chinas und die massive Kostenkonkurrenz aus diesem Land, die sich z.B. in der Solarbranche extrem deutlich zeigt. Dies verkompliziert zwar die gesamte Erklärung, trägt m.E. aber doch zu noch einem breiteren Verständnis bei. Zweitens ist mir beim Hören erst richtig klar geworden, dass die Weltwirtschaft global gesehen auch als geschlossene Volkswirtschaft gesehen werden kann. Dann wird es spannend, wie die von Steffen vorgebrachten Punkte zeigen, gibt es ja nicht nur in Europa massive strukturelle Probleme, sondern in vielen anderen Regionen, z.B. Japan mit der höchsten Staatsschuldenquote weltweit, Deflation und wirtschaftlicher Stagnation, USA mit extrem hoher Staatsverschuldung und massiven Leistungsbilanzdefiziten.

    2) Dann ist mir auch während meiner Tätigkeit an der Universität und in den Beiträgen hier aufgefallen, dass viele Menschen Banken als Unternehmen nicht verstehen. Zum Beispiel die Funktionen von Banken, die ja wichtig für eine Wirtschaft sind, das eigentliche (Kern-) Geschäftsmodell, d.h. Gelder zu aggregieren und in Form von Krediten anderen Wirtschaftssubjekten für Investitionen zur Verfügung zu stellen sowie den Zahlungsverkehr zu ermöglichen, respektive die Funktionen von Zinsen im kapitalistischen System. Das Zinsen dem Kreditgeber auch als ein Mittel dienen das Risiko des Kreditnehmers in den Preis des Geldes zu integrieren, hat Steffen ja erwähnt. Interessant ist unter diesem Aspekt die vielzitierte Forderung von Herrn Ackermann nach 25% Eigenkapitalrendite für die Deutsche Bank. Welche Risiken muss die Deutsche Bank beinhalten/eingegangen sein, dass die(Eigen-)Kapitalgeber hier einen solchen Risikoaufschlag für Ihre Investition in dieses Unternehmen für angemessen halten können…

    3) Auch die Ursprünge vieler heute in Verruf geratener Finanzprodukte scheinen unklar zu sein und welchen Nutzen diese eigentlich ermöglichen, d.h. warum diese Produkte ursprünglich entstanden sind. Zum Beispiel Termingeschäfte sind ja einmal entwickelt wurden, damit z.B. Farmer Ihre Ernten (Getreide/Mais) schon zu einem bestimmten Zeitraum vor der Ernte verkaufen konnten. Sowohl die Bauern als auch die Käufer der Güter erhielten somit Planungssicherheit. Die Bauern zudem auch Liquidität für z.B. Investition in neue Maschinen für die bevorstehende Ernte. In dem Moment wo aber die Lieferung des eigentlich dem Handel zu Grunde Gutes nicht mehr notwendig ist, dann wird aus solchen in der Realwirtschaft sinnvollen Geschäften eine reine (Finanz-)Wette. CDS können als reine Rückversicherung für den eigentlichen Kreditgeber auch viel Sinn ergeben, aber nicht wenn diese Versicherung losgelöst wird.

    Ich denke, die Punkte 2 und 3 könnten auch einmal einen interessanten Podcast ergeben, vor allem wenn darin auch diskutiert wird, wo/wann alles aus dem Ruder gelaufen ist (Stichwort: Deregulierung und Kasino-Kapitalismus) oder welches Problem im Besonderen deutsche Banken mit Ihrer hohen Passivlastigkeit haben.

    4) Interessant ist auch, dass sich das Muster des Geschäftsmodells von Rating-Agenturen in anderen Bereichen wiederfindet. In der Pharmabranche zahlen auch die Entwickler von Medikamenten, die Forscher, die direkt die Tests dieser Medikamente vor der Marktzulassung durchführen. Ein Frage, die sich mir hier immer wieder stellt ist: Wie kann man dies wieder entkoppeln. Zwei Ideen hierfür: Einerseits in dem die Gesellschaft/der Staat in dessen Interesse ja gute Medikamententests liegen, die Kosten hierfür wieder übernimmt. Oder Im Falle der Ratingagenturen, wieder derjenige der die Bewertung haben möchte. Andererseits wäre es eventuell auch möglich eine (Clearing-)Stelle dazwischen zu schalten, die beauftragt die Medikamententests/Ratingagenturen und reicht nach erfolgtem Test/Rating die Rechnung an das Pharmaunternehmen/bewertete Unternehmen weiter. Diese Stelle dient dann zur Entkoppelung und sichert die Neutralität der Bewerter, in dem Sie z.B. entscheidet wer die Tests/das Rating durchführt. Dann kann dieser Quasinachfragemonopolist auch die Marktmacht der Ratingagenturen brechen. Nur als Ideen, sicherlich noch etwas unausgereift…

    5) Zum Thema „der Markt funktioniert nicht“ fällt mir nur immer ein, dass der Markt gerade dann nicht funktioniert, wenn es dem Staat nicht gelingt Regeln aufzustellen, die es Unternehmen erschweren die Funktionen des Marktes zu unterlaufen. Gerade dieser Schutz der Marktfunktionen ist für mich eine elementare Staatsaufgabe. Sichtbar wird dies, wenn es Unternehmen gelingt Monopole oder Oligopole aufzubauen. Dann ist aus der VWL eigentlich immer klar, zu welchen Marktverwerfungen dies zwangsläufig führt. Sichtbar wird dies z.B. beim Tankstellen-Oligopol, beim ruinösen Preiskampf auf dem Solarmarkt oder bei der Förderung „seltener Erden“. In letzterem Punkte hat China durch massiven Preiskampf ein Monopol aufgebaut hat und beginnt jetzt dieses Monopol auszunutzen. Last but not least die Unmöglichkeit Großbanken in eine Pleite gehen zu lassen (aufgrund der Kettenreaktion im Finanzsektor und der resultierenden Verwerfungen in den Volkswirtschaften).

    6) Zum Ende noch ein paar Worte zu Adam Smith, der ja immer sehr einseitig dargestellt wird. Eine Lektüre seines Klassikers „Wohlstand der Nationen“ sei jedem ökonomisch interessierten Menschen einmal empfohlen. Da finden sich jede Menge spannender Gedanken drin, da Adam Smith auch ein großer Moralphilosoph war. Ich möchte nur einmal drei Beispiele (kurz) nennen.
    1)Adam Smith geht davon aus, dass Staaten Aufgaben übernehmen müssen, die nicht gewinnbringend durchgeführt werden können oder sollten. Daraus leitet er ab, dass der Staat/das Gemeinwesen für Sicherheit nach innen (Polizei) und außen (Armee) zuständig ist, dass der Staat die Kommunikationsdienste/Netze aufbauen und aufrecht erhalten muss (Stichwort staatliche Post) sowie für Bildung und Gesundheit seiner Bevölkerung Sorge tragen sollte. Zur Finanzierung dieser Aufgaben kann der Staat Steuern (die für Adam Smith nicht zweckgebunden sind) und Gebühren (die für eine bestimmte Dienstleistung des Staates gezahlt werden) erheben.
    2) Zum Thema Steuern schreibt Adam Smith so interessante Dinge, wie das das Steuersystem transparent sein muss in einem Maße, dass der Steuerpflichtige seine Steuerschuld allein berechnen kann!!! Auch heute noch ein überaus interessanter Gedanke, oder …
    3) Adam Smith geht auch davon aus, dass Armut relativ ist und dass Armen eine sinnvolle Teilhabe an der Gesellschaft, in der sie leben, ermöglicht werden muss. Mit anderen Worten einem Armen im damaligen England muss ein anderer Warenkorb zu Verfügung stehen, als z.B. Armen im damaligen Afrika.
    Ich denke aus der Gedankenwelt von Adam Smith kann man auch heute noch sehr viel lernen.

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Maik,

      1.) Es ist völlig richtig, dass jene Import-/Export-Ungleichgewichte, die wir innerhalb Europas beobachten können, auch zwischen anderen Weltregionen/Wirtschaftregionen beobachtet werden können. Wenn 60% der deutschen Exporte in die EU gehen bzw. 40% in die EUR-Zone, könnte man analysieren, wohin in der Rest geht und wie unausgeglichen diese Teile der Leistungsbilanz sind. Auf jeden Fall ein interessantes Thema, das man auch aufweiten könnte auf die Betrachtung zwischen noch ganz anderen Wirtschaftsregionen. Ich habe es aber bewusst weggelassen, um mich auf den EUR-Raum zu konzentrieren. Bei Interesse kannst du aber mal im verlinkten Manuskript nachlesen, dort ist ein Link (gelb markiert), der die sektoralen Salden zeigt. Aus diesem Geht auch der Sektor “Ausland” hervor.

      2.) Die Beobachtung, dass viele Menschen sich über die wesentliche Funktion von Banken noch nicht in Gänze im Klaren sind, teile ich. Für die Kreditvergabe sind sie extrem wichtig und damit für eine Marktwirtschaft. Daraus leitet sich der Gedanke ab, Investment- und Kreditbanken strikt voneinander zu trennen, um die realwirtschaftlich wichtige Kreditvergabe keinen unnötigen Risiken auszusetzen. Ich habe mit Holgi auch einmal irgendwann im Zeitraum 2011/2012 im Blue Moon in der freien Themenwahl die Funktion von Zinsen besprochen, weil diese häufig so verteufelt werden – aus meiner Sicht, weil viele deren Funktionen nicht kennen.

      3.) Die ursprüngliche Funktion dieser Produkte näher zu beleuchten, kann tatsächlich durchaus interessant sein. Die Frage ist, da sie aus dem Ruder gelaufen sind, bekommt man sie wieder unter Kontrolle und kann man diese Produkte dann wieder kontrolliert handeln lassen, ohne dass mit ihnen unwahrscheinlich hohe Risiken verbunden sind, welche die Realwirtschaft gefährden? Ich vermag das nicht einzuschätzen, weil das nicht mein Fachgebiet ist.

      4.) Auf jeden Fall stimme ich dir völlig zu, dass das Oligopol ein Problem ist, ebenso wie das Geschäftsmodell. Es wäre sicherlich eine Besserung, dieses umzudrehen und den ursprünglichen Zustand herzustellen. Die Idee einer Zwischenorganisation könnte auch interessant sein. Müsste man näher ausgestalten und dann analysieren, ob es hilft.

      5.) Was die Großbanken betrifft, so könnten mögliche Konsequenzen sein, derart große Geldhäuser nicht zu dulden, sie wegen zu großer Marktmacht zu verschlagen, eine klare Trennung zwischen Investmentbanken und Kreditbanken umzusetzen, die darin mündet, dass Investmentbanken gefahrlos fallen gelassen werden können (Insolvenz) und man braucht europaweit dringend Einlagensicherungsfonds, um Bankruns zu verhindern. Dann kann man auch Banken in die Insolvenz schicken. Gerade die Neoliberalen reden immer vom perfekten Markt und der Notwendigkeit, dass überall seine Regeln befolgt werden. Dann sollen sie auch Instrumente und Regeln schaffen, die es ermöglichen, dass Banken im Sinne der Marktgesetze insolvent werden können, ohne dabei die ganze Volkswirtschaft zu gefährden.

      6.) Sehr interessant! Vielen Dank dafür! =)

    2. Maik

      Hallo Steffen,

      herzlichen Dank für die ausführliche Antwort.

      zu 1) Danke für den Hinweis. In der pdf sieht man zwei Punkte sehr deutlich: a) den Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands, d.h. die massive Verschuldung des Auslandes in Deutschland, um deutsche Waren zu kaufen. Und die massiven Überschüsse des Sektors private Haushalte. Da wir ein Umverteilungsproblem in Deutschland haben (siehe deine Ausführungen im podcast), würde mich interessieren, wie dieser Saldo aussieht, wenn man den sektor private Haushalte in die 10% reichsten Haushalte und den Rest zerlegt. Ausgehend von deiner Argumentation müsste für ein Wegbrechen der Nachfrage durch die privaten Haushalte und dem Auslösen einer Binnennachfragekrise, ja gerade ein substantieller Teil dieser Haushalte keine/nur geringe finanziellen Mittel zur Verfügung haben. Ist die eine Auswertung in dieser Art während deiner Recherche über “den Weg gelaufen”? Ähnlich interessant wäre eine Analyse der Weltwirtschaft als geschlossene Wirtschaft, um einmal zu sehen, in welchem Sektor weltweit die Finanzen gebunden sind. Wir haben nuneinmal nur eine Welt und die Welt an sich kennt kein Ausland. Aber, da habe ich bisher aber auch nichts gesehen/gelesen – ist wahrscheinlich auch nicht so einfach durchzuführen eine solche Analyse.

      zu 3) Meines Erachtens müsste man hierfür die Produkte jedes für sich analysieren, geschichtlich herausarbeiten, welchen Zweck sie einmal hatten und betrachten, wie sie zur Spekulation genutzt werden können. Bei Optionen/Termingeschäften ist meines Erachtens z.B. die Befreiung von der physischen Lieferung ein Problem. Wenn der Verkäufer die gekauften Produkte zum vereinbarten Termin nicht mehr liefern muss, weil weder er noch der Käufer eigentlich daran Interesse haben, dann ist das Geschäft nur noch eine Wette auf den Preis des Gutes. Die diesbezüglichen Regelungen sind in den letzten Jahrzehnten immer mehr aufgeweicht wurden. Nur als kleines Beispiel, wie selten physische Lieferungen gewurden sind “Only a small percentage of the futures market turnover ever comes to physical delivery of the gold or silver represented by the contracts traded.” (Quelle: http://www.thecityuk.com Datei: Commodities-Trading-2011.pdf).

      zu 5) Genau an diesem Punkt kann ich dir nur zustimmen. Wir benötigen staatliche (!) Regelungen, die sicherstellen, dass alle Marktteilnehmer auch den Marktgesetzen unterworfen sind und möglichst viele Märkte durch Polypole gekennzeichnet sind.
      Unabhängig vom Bankensektor, zielt interessanterweise aber alles, was im Strategischen Management (einer BWL-Disziplin) gelehrt wird, auf den Aufbau eines räumlichen, zeitlichen oder auf eine bestimmte Produkt-Markt-Kombination beschränkten Monopols ab. Dies wird durch Phrasen/Ideen deutlich, wie z.B. “konkurrenzlos gute Produkte”, “anstreben eines hohen relativen Marktanteils”, “Sicherung von technischen Vorsprung durch Patente und Urheberrechte” etc. Mit anderen Worten in der BWL wird zur Erzielung von Unternehmensgewinnen immer zur Schaffung eines “begrenzten” Monopols z.B. unter Ausnutzung von seltenen, nicht-imitierbaren und wertvollen (Unternehmens-)Ressourcen geraten (Stichwort resource-based view – zum Nachlesen http://en.wikipedia.org/wiki/Resource-based_view). Allerdings läuft dies natürlich der effizienten makroökonomischen Lösung in der VWL zu wider. Auch eine Gedanke, der mir erst richtig durch das Hören eures Podcasts klar geworden ist.

      Da ergibt m.E. sich dann auch gleich eine starke Verbindung zu Themen wie Patentgesetze, Urheberrechte und anderen Monopole-“gewährenden” gesetzlichen Regelungen (wenn auch nur zeitlich befristet)…

    3. Steffen

      Hallo Maik,

      um auf deine Frage zu antworten, wie die sektorinterne Verteilung des Sektors “private Haushalte” aussieht, kann ich auf das DIW verweisen, welches im SOEPpaper 397 eine interessante Veröffentlichung gemacht hat. Zu beachten ist, dass dabei aber nicht nur die Geldvermögen, sondern jede Vermögensform berücksichtigt wurde. In jedem Falle sieht man aber – wie du richtig vermutet hast – dass es innerhalb des Sektors “private Haushalte” eine starke Ungleichverteilung gibt, also ein sehr großer Teil der Haushalte über nur extrem wenig Vermögen verfügt. Die wenigen besonders vermögenden Haushalte sitzen darum auf einem wirklich gigantischen Berg Geld. Das untere Ende des Sektors verfügt sicherlich über ein negatives Geldvermögen (im Podcast sprach ich von einem Wasserstand unterhalb der roten Linie)

      anschauliche Kreis-Grafik: http://www.nachdenkseiten.de/?p=12782

      Original-Paper (englisch) mit unanschaulicher Tabelle (S. 11): http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.378111.de/diw_sp0397.pdf

  49. Alex

    Holgi, Steffen,

    super Podcast – sehr informativ wenn auch ziemlich komplex zu verstehen als Nichtökonom ;-).

    Grundsätzlich habe ich das Argument mit den Löhnen / Lohnstückkosten verstanden und stimme diesem Punkt zu.

    Jedoch ergibt sich aus diesem Punkt eine weitere Fragestellung für mich.

    Wie werden Unternehmen an sich in deine ökonomische Sichtweise einbezogen. Ziel eines Unternehmens ist immer, Gewinne zu erzielen. Höhere Löhne sind also kontraproduktiv für den Unternehmensgewinn, auch wenn Unternehmen in den letzten Perioden immer höhere Gewinne erzielt haben.

    Die erste Frage hierzu. Wer soll die höheren Löhne durchsetzen? Hoffen, dass Unternehmen das Problem erkennen und Lohnanpassungen vornehmen? Gesetzlicher Mindestlohn für alle Wirtschaftszweige? Gewerkschaften?

    Wie soll die Anpassung der Löhne in der gesamten EUR-Zone durchgeführt werden? Sobald in Deutschland die Löhne gesteigert werden, führt dies zu höheren Lohnstückkosten, was die Attraktivität wirtschaftlich schwächerer Länder steigert.

    Ich ziehe hieraus das Fazit, dass eine eine Lohnanpassung, nach oben oder nach untern, über die gesamte EUR-Zone durchgeführt werden muss, da wir sonst wieder in den Konkurrenzkampf mit den niedrigsten Lohnstückkosten einsteigen. Die Anpassung muss natürlich an die jeweilige Volkswirtschaft angepasst sein / werden. Wie soll das grundsätzlich vollzogen werden?

    Abschließend stelle ich mir die Frage, ob wirklich alles ökonomisch, wirtschaftlich o. politisch geregelt bzw. erklärt werden kann, da m.M.n. der Faktor Mensch mit seinen Denkstrukturen und Ansichten nicht betrachtet wird.

    Ich will das Fass der Gier bzw. dem Motto “Mein Geldbeutel ist mir am nächsten” nicht aufmachen, aber sollte nicht auch hier versucht werden die Strukturen zu ändern?

    Habe ich vielleicht was nicht verstanden oder irgendwo einen Denkfehler?

    Antworten
    1. Steffen

      1. Löhne/Lohnstückkosten/Lohnerhöhungen
      Es ist richtig, dass betriebswirtschaftlich gesehen das einzelne Unternehmen immer ein interesse an einer niedrigen Kostenstruktur haben wird, um niedrige Preis zu haben (außer es sind explizit hochpreisige Güter von z.B. besonders hoher Qualität). Nichtsdestoweniger sei jedem Betriebswirt/Kaufmann dazu geraten, ein Grundverständnis im Bereich der VWL zu haben. Denn ein Betrieb ist immer eingebettet in einer Volkswirtschaft. Wenn die Löhne systematisch niedrig sind, ergibt sich bereits ein Problem, welches wir in Deutschland seit langer Zeit beobachten können, nämlich dass die reale (=inflationsbereinigte) Binnenkonjunktur stagniert. Wenn alle niedrige Löhne erhalten, kann der Produzent bereits im Inland nicht viel absetzen. Daraus ergibt sich – wie in Deutschland – die Konsequenz, auf den Absatz ins Ausland setzen zu müssen. Wie wir heute (leider) sehen, geht das langfristig aber auch nach hinten los, wenn man es zu unausgewogen betreibt. Würde der Betriebswirt/Kaufmann also besser ausgebildet, würde er langfristiger denken (und erhielte keine kurzfristig orientierten Boni). Daraus ergäbe sich eigentständig die Erkenntnis, Löhne nicht immer nur drücken zu können.

      Da ein Hoffen auf diese Erkenntnis aber sicher nicht reicht, bejahe ich eine Gedanken: Ja, wir benötigen einen flächendeckenden Mindestlohn, der durch keine Tricks unterlaufen werden kann, wir brauchen wieder stärkere Gewerkschaften. Das hört der Arbeitgeber nicht gerner, das ist aber ironischerweise in seinem Interesse!

      Wenn in Deutschland die Lohnstückkosten gegenüber den anderen EUR-LÄndern stärker steigen, sinkt zunächst einmal der VORSPRUNG unserer Wettbewerbsfähigkeit. Sie ist nicht sofort dahin, sondern es kann durchaus 10 Jahre dauern, bis die Lohnstückkosten überall gleich sind. Bis dahin haben wir weiterhin Wettbewerbsvorteile. Wenn jeder eine eigene Währung hat, gibt es eine starke Institution, die über diese wacht. Da wir eine Gemeinschaftswährung haben und niemand mehr einzeln seine Währung auf- oder abwerten kann, müssen die Inflationsraten überall (weitestgehend/beinahe) gleich sein. Die Inflation steuert man über die Löhne. Wir kommen wegen einer gemeinsamen Währung also nicht umhin, die Löhne starkt zentral zu beeinflussen. Das ist der Preis für einen Euro. Unglücklicherweise ist das für die Neoliberalalas ein Schreckgespenst (weil Löhne nach ihrer Auffassung ausschließlich Marktgesteuert sein dürfen – was sie heute schon nicht sind, weil die Arbeitnehmer ggü. den Arbeitgebern eine viel schwächere Verhandlungsposition haben und die Verhandlungsposition auch einen Einfluss auf das Lohnergebnis hat!).

      Im Ergebnis langfristig sollen die heutigen Problemländer sogar attraktiver werden. Das ist der Grundgedanke. Die sollen später mal mehr exportieren als sie importieren und wir müssen dazu unsere Exportwirschaft verkleinern und zum Ausgleich unsere Binnenwirtschaft deutlich stärken. Absolut richtig hast du erkannt, dass Lohnanpassungen EUR-Zonen-weit gesteuert werden müssen. Im Zweifelsfall mithilfe von Gesetzen. Mit allem, was auch immer nötig ist. Aktuell macht man das in Südeuropa ja auch mit der Brechstange. Folglich kann man das auch in Deutschland in die andere Richtung tun.

      2. Faktor Mensch
      Den Menschen als solchen ändert man nicht. Gier und dergleichen liegen ihm halt inne. Das muss man lernen, zu akzeptieren. 😉 Ansonsten ist die Volkswirtschaftslehre eine Sozialwissenschaft und beschäftigt sich mit dem wirtschaftlichen Handeln von Menschen. Hier geht es genau darum und deshalb muss man eben bei der wirtschaftlichen Aktivität ansetzen. Ein wesentliches Problem ist die neoliberale Theorie, die mit einem Modell (auch mit einem Menschenmodell) arbeitet, das zu weit weg ist von der Realität und die leider nicht merkt, dass ihre Handlungsempfehlungen nur Gültigkeit innerhalb des Modells haben, nicht aber in der Wirklichkeit. Andere Theorien sind erheblich näher dran an der Realität und berücksichtigen die menschliche Natur und ihre Fehlbarkeit deutlich besser und leiten darum auch andere Handlungsempfehlungen ab.

      Wenn noch etwas unklar ist, einfach nachfragen, Alex, ich bemühe mich stets um Antwort.

      Liebe Grüße!

  50. hpfmn

    Hallo Holgi und Steffen,
    erstmal ist das toller Podcast. Mich Persönlich würde interessieren, ob wir als “kleine” Menschen irgendwas tun können? Gibt es irgendwelche unterstützenswerten Lobbyorganisationen oder Petitionen oder weiß er der Teufel was um den Leuten da draußen und da oben klar zu machen, dass wir gerade schnurstracks ins verderben rennen?

    Grüße aus Potsdam

    Antworten
    1. Steffen

      Organisationen, denen man mal eben beitreten könnte (und die ebenso informiert sind), sind mir soweit nicht bekannt (könnte dennoch welche geben). Also bei “denen da oben” würden mir nur Ortsverbände der Parteien einfallen. Ansonsten empfehlt den Podcast weiter an alle, die ihr kennt (persönliche Kontakte, Bekannte und Verwandte, per Facebook, Twitter, Google+ etc.) und helft bestmöglich, ihn zu verbreiten. Vielleicht findet es ja seine Wege zu Personen, die in irgendeiner Form mehr machen können.

      Hier in den Kommentaren kam der Hinweis, dass jemand bei den Piraten etwas tut: https://krise.piratenpad.de/1?

      Vielleicht kann Holgi ja seine Kontakte zum medienaffinen Lauer spielen lassen. Dem hören die Medien doch gerne zu oder hat sich das schon geändert?

      Ansonsten kann man eine Petition im Zweifelsfall selbst online einrichten. Ich sehe ansonsten noch das Problem, dass die Erklärung der Krise, welche ich geliefert habe, inzwischen in den anderen EUR-Ländern im Wesentlichen Konsens ist, nur Deutschland versperrt sich dagegen. Man kämpft da einfach gegen die Neoliberale Ideologie…

      Und was das Verderben angeht: Es kam ja gerade erst in den Nachrichten, dass Finnland sich auf alle Szenarien vorbereitet, die mit einem Scheitern des Euro verbunden sind. Mich wundert das nicht. Schade nur, dass den allermeisten (Deutschen) nicht klar ist, dass es nicht an der Währung als solcher liegt, sondern an der Wirtschaftspolitik.

  51. drombo

    Sehr informativ. Danke dafür.

    Eine Frage die sich mir öfter beim Anhören stellte: Würde ein (bedingungsloses) Grundeinkommen nicht viele der Probleme lösen helfen? Ein Grundeinkommen würde auf jeden Fall zu wesentlich mehr Konsum führen. Was dann ja allen zugute käme.

    Wie ist eure Meinung dazu?

    Antworten
    1. Steffen

      Gucke mal, ob du die Sendungen “Blue Moon” bzw. “Late Line” mit Holgi aus den Jahren 2011/2012 online findest, insb. als Torrent. Da ist das mit Holgi zur Freien Themenwahl einmal besprochen worden und dort findest du die Antwort auf deine Frage. Der Beitrag dauerte Pi mal Daumen 30 min. Darum schreibe ich das hier nicht nieder 😉 Das genaue Datum weiß ich nicht mehr. Es war vermutlich 2011 und falls nicht, dann auf jeden Fall 2012. Ggf. kannst du die Show Notes dieser Sendungen suchen und durchforsten, um das Datum zu ermitteln. Es war auf jeden Fall auch eine Freie Themenwahl (zweiter Di. im Monat).

    2. Steffen

      Blue Moon auf Fritz vom 13. Sept. 2011: Mindestlohn
      Late Line am 10. Jan. 2012: Bedingungsloses Grundeinkommen

      Falls du das nicht beschaffen kannst, frage mal im IRC auf Freenode in #kleitung oder in #duerfenwirnicht nach, ob es dir jemand geben kann. stackevil könnte ein möglicher konkreter Ansprechpartner sein

  52. Ori

    Ich finde, wir sollten Steffen (nochmals) danken für diese Riesenarbeit und den Aufwand, den er sich in und mit unseren Kommentaren macht!! Klar, tust du das weil es dir Spass macht, aber trodzdem nochmal chapeau!!! von meiner Seite aus für deine Mühe!

    Antworten
    1. Ori

      BTW wär ich auch sehr für eine Ausdehnung dieses Wriesenkonzepts, weil da noch so viele interessante, kurzweilige und aufklärende Themen drin stecken, die es sich zu diskutieren lohnt. Steffen ist wirklich der Erste (und da bin ich garantiert nicht alleine mit ;)) der es geschafft hat, das alles so aufzurollen und vorallem plastisch zu erklären, das auch der letzte B00n es rafft 😉

    2. Steffen

      Vielen lieben Dank! Ihr könnt ja zumindest an dieser Stelle Themenvorschläge unterbreiten und dann schaue ich einmal, ob ich die Zeit dazu finde, mich zu den Dingen äußern zu können. Das hängt auch immer vom Thema ab, in einigen stecke ich tiefer drin, bei anderen – durchaus interessanten – habe ich gerade einmal an der Oberfläche gekratzt. Daraus resultieren dann entsprechend unterschiedliche Vorbereitungszeiten.
      Aber Holgi und ich sprechen stets gerne miteinander. Insofern bin ich zunächst einmal offen für alles.

    3. Ori

      Nunja.. allein aus den oben angeschnittenen Themen und Fragen liesse sich ein Fundus an Material herausarbeiten, den es näher zu beleuchten lohnt. Und die Tatsache, das hier fundierte Fragen gestellt werden beweist, das sich die Hörer dafür auch immens interessieren und sich damit auseinandersetzen möchten 🙂
      Natürlich erwartet niemand von dir, das du allwissend bist und zu Allem sofort eine Antwort parat hast… Aber wenigstens weist du, wie man genau wo schauen muss um sich die relevanten Informationen zusammenzustellen – damit hast du dem Gros der Leute schon nen paar Meter vorraus 🙂
      Weiter so! Ich bleib dran!

  53. Andreas Gehrmann

    Hallo Steffen,
    Deine Beiträge sind immer 1. Güte. ich besuche jeden Tag Querschüsse und habe diese oft als Quelle in Foren angegeben, genauso wie Nachdenkseiten, etc.
    Ich habe darüber nachgedacht, wie man vielleicht eine größere Öffentlichkeit ansprechen könnte.
    Kannst Du nicht Videos bei YT reinstellen, indem zu einzelne Folgen zu einzelnen Themen erarbeitest? Einen Erklärungstext mit entsprechenden Grafiken wären schon nicht schlecht … Ist natürlich viel Arbeit, aber dann könnte man noch besser in Foren auf diese Links verweisen, zumal mit jedem Klick die Relevanz steigt. Wenn wir alle schön fleißig verlinken, erreichen wir mehr Menschen – z.B. in den Foren bei SPON, FAZ, FTD, BILD etc.
    Liebe Grüße
    Andreas

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Andreas,

      ich sehe aktuell nicht, dass ich die dafür notwendige Zeit finde. Wenn sich jemand aber diese Mühe machen möchte, nur zu. Im Zweifelsfall kann man meine Beiträge ja auch zerschneiden und mit Material unterlegen.

      Wenn es darum geht, dir schnell etwas an die Hand zu geben, kannst du für das Thema Wirtschaftskrise schon einmal diesen Beitrag von Herrn Prof. Dr. Flassbeck nehmen:
      http://www.youtube.com/watch?v=mfKuosvO6Ac

  54. Traumschau

    Hallo Steffen,
    ich habe jetzt gut die Hälfte des Podcasts gehört. Sehr gut gemacht!
    Allerdings – mir scheint du drückst dich um die Konsequenzen deiner eigenen Gedanken …
    LG Traumschau

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Traumschau,

      zunächst vielen Dank! Ich würde vorschlagen, höre noch die andere Hälfte und wenn der Eindruck dann noch immer besteht, schreibst du das hier noch einmal und sagst, welche Konsequenzen dies aus deiner Perspektive wären. Ich lerne immer gerne dazu und dann kann ich mir das einmal durch den Kopf gehen lassen 🙂

  55. nachteule

    Hi Steffen,
    hi Holgi,

    erstmal Respekt vor dieser Heidenarbeit! Schön erklärt und echt verständlich.
    Ich habe noch eine Frage zu dem Diskussionspunkt “Griechen arbeiten mehr Stunden im Jahr als Deutsche”, der hier zwar schon mal angesprochen wurde, mir aber eine klare Antwort fehlt.

    Was sagt die Zahl allein gestellt aus? In meinen Augen lässt sie zu viel Interpretationsspielraum. Einmal kann man sagen: “der Grieche ist fleißiger als der Deutsche!” oder (so wie Steffen es hier auch schon ausgeführt hat) “wir haben den Teilzeitsektor ausgeweitet” oder aber auch “die Deutschen sind produktiver”. Oder aber man könnte auch ganz arrogant hingehen und sagen “Tja, wir können uns eben Teilzeitarbeit leisten, ätsch!”. Die Zahl der geleisteten Jahresarbeitsstunden sagt in meinen Augen überhaupt nichts aus. Denn man muss sie in einem Zusammenhang sehen. Und der fehlt mir. In welchem Zusammenhang hast du sie denn, Steffen, gesehen?

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Nachteule,

      mein Anliegen an der Stelle war es, aufzuzeigen, dass dieses Thema Polemik auf Stimmtischniveau ist. Ich würde am ehesten gar nicht von Fleiß sprechen. Der Stammtisch tut dies aber, indem er behauptet, “der Grieche” liege den ganzen Tag in der Sonne und sei zum Arbeiten zu faul. Meine Intention war es, dieses Bild zu widerlegen, indem ich dafür die geleisteten Arbeitsstunden pro Person betrachtet habe. Dabei stellt sich heraus, dass die Griechen pro Person sehr viel arbeiten und Deutsche pro Person weniger. Das hat aber unterm Strich nichts mit Fleiß zu tun. Das geringere Niveau ist in Deutschland einfach der Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung geschuldet, die für viele mit Sicherheit unfreiwillig ist. Insofern spiegelt sich in diesen Zahlen in meinen Augen einfach das Ausmaß an Teilzeitbeschäftigung wider.

      Die Produktivität ist an der Stelle gar nicht interessant. Wir sind mit Sicherheit produktiver, aber auch das hat nichts mit Fleiß zu tun, sondern einzig etwas mit besserer, modernerer technischer Ausstattung. Wenn ein Arbeiter beispielsweise 8h an einer Maschine steht und er nach 10 Jahren eine neue Maschine bekommt, mit der er 10% mehr in derselben Zeit produzieren kann und er noch immer 8h täglich an der Maschine steht, produziert er zwar 10% mehr, aber das ist offensichtlich nicht seinem Fleiß, sondern technischem Fortschritt geschuldet. Aber ohnehin würde ich behaupten, dass die meisten Menschen möglichst ganztägig arbeiten wollen und eine Fleißdiskussion auch daher völlig fehlgeleitet ist und auf Vorurteilen basiert. Meine Intention war, diese Vorurteile zu widerlegen.

      Mit der Zahl der Arbeitsstunden kann man sich ansonsten klar machen, dass ein deutscher Unternehmer weiß, dass er für eine Menge X herzustellender Güter eine Menge Z an Personenstunden benötigt. Nun kann man diese Personenstunden auf mehr oder weniger Personen aufteilen, sie also in Vollzeit oder in Teilzeit beschäftigen. Beschäftigt man sie in Teilzeit, arbeiten sie z.B. 50% von Vollzeit, geben aber in dieser Zeit 60% der Leistung. Außerdem sind Minijober billiger. Das senkt gleich noch die Lohnstückkosten. Diese hier im Beispiel höhere Produktivität (50% arbeiten, 60% leisten) hat aber auch nichts mit Fleiß zu tun, sondern etwas mit der Möglichkeit, sich körperlich mehr verausgaben zu können, weil man seine Kräfte weniger lange aufteilen muss.

      Das für mich zu ziehende Resultat lautet, dass eine an Stammtischen geführt Debatte über Arbeitsfleiß verkennt, worum es dabei eigentlich geht, nämlich um die Senkung der Lohnstückkosten in Deutschland. Das hätte ich im Podcast wahrscheinlich besser herausstellen sollen.

      Wenn man eine Fleißdiskussion führen möchte, stellt sich die Frage, wie man ihn misst. Eine Möglichkeit wäre, die Arbeitsstunden zu vergleichen. Dabei muss aber berücksichtigt werden, warum jemand weniger arbeitet und in Bezug auf Deutschland lehne ich klar ab, die geringeren Arbeitsstunden auf geringen Fleiß zurückzuführen.
      Aber wie gesagt, ich halte diese Diskussion für stereotypenlastiges Stammmtischgequatsche und für völlig verfehlt. Ich würde also am besten gar keine Fleißdiskussion führen.

      Ich hoffe, ich konnte dir deine Frage zufriedenstellend beantworten. Ansonsten kannst du natürlich gerne noch nachhaken!

      Liebe Grüße

    2. nachteule

      Dankeschön. Genau diese Ausführung hat mir gefehlt. Jetzt habe ich eine Erklärung. Und jetzt erkenne ich auch deine Intention. Ich muss zugeben, ich stecke zwar in dem Thema aus beruflichen Gründen tiefer drin, aber auch mir waren diese Zahlen neu. Und ich war erstaunt, dass man sich wohl in den hochgelobten Printmedien genau diese Mühe, die du dir gemacht hast, nicht macht. Deswegen nochmals meinen vollsten Respekt.

  56. Tobi

    Hi Steffen, hi Holgi,

    ich hab da mal eine doofe Frage zu den Lohnstückkosten… Wie kommt es denn, dass die Lohnstückkosten in Deutschland niedriger sind als in anderen Ländern?
    Verdient der Deutsche weniger als der Grieche? Es fühlt sich für mich nicht so an.
    Oder ist der Deutsche trotz 27 Stundenwoche produktiver als der Grieche mit einer 40 Stundenwoche? Kann ich mir auch nicht vorstellen.
    Hat der Deutsche mehr Computer und Automatisierung als der Grieche? Aber das könnte doch jeder Produktionsmittelbesitzer mit zum Griechen nehmen.

    Ach ja, und dann nochmal danke für den tollen Podcast. Ich bin ja eher kein Freund von Mammutsendungen, aber diesmal habe alles an einem Stück durchgehört und fühle mich jetzt um einiges besser informiert als vorher (-:

    Gruß Tobi

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Tobi,

      doofe Fragen gibt es (meist) nicht und deine Frage ist völlig legitim. Um mögliche Missverständnisse auszuräumen, beachte bitte den Unterschied zwischen (Stunden-)Löhnen und Lohnstückkosten. Siehe ggf. auch das im Einleitungstext zu diesem Podcast verlinkte Dokument “Lohnstückkosten”, wo Lohnstückkosten anschaulich erklärt sind (Wikipedia hilft an der Stelle NICHT!).

      Die Griechische Industrie ist äußerst schlecht ausgerüstet, das heißt, die vorhandenen Maschinen sind sehr alt und darum ist die Produktivität technisch bedingt sehr gering. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass die griechische Industrie eine Binnenindustrie ist, sie ist also mit ihren Produkten auf die heimische Wirtschaft ausgerichet. Demgegenüber ist die deutsche Industrie im Schnitt sehr gut ausgestattet, modern, befindet sich also auf hochproduktivem Niveau.

      Was die Stundenwochen angeht, da ist der Deutsche Arbeiter im Zweifelsfall nicht trotz, sondern gerade wegen seiner 27-Stunden-Woche produktiver. Zwar arbeitet jeder deutsche Arbeiter aus eigener Perspektive im Schnitt nur 27 Stunden, aber aus der Perspektive des Betriebes ist die Stelle trotzdem voll besetzt. Denn häufig werden Vollzeitstellen einfach in zwei Teilzeitstellen zerlegt. Einfach gesagt, arbeitet der eine Arbeitnehmer vormittags und der andere nachmittags. Wenn man nur eine Teilzeistelle ausfüllt, kann man seine 100% Energie, die einem zur Verfügung stehen, in nur einen halben Arbeitstag investieren. Aus Untersuchungen ist bekannt, dass jemand, der nur 50% einer Vollzeitstelle hat (also eine Halbzeitstelle), nicht etwa 50% seiner Arbeitskraft auf diese Zeit verteilt, sondern ca. 60%. Wenn ein Unternehmer nun eine Vollzeitstelle in zwei Teilzeitstellen aufteilt, bekommt er keine 100% Arbeitsleistung, sondern 2x 60%. Überall dort, wo es auf den Faktor Mensch bei der Produktion noch ankommt und nicht so sehr auf Maschinen, erhöht sich auf diese Weise auch die Produktivität.

      Die dritte Komponente ist die Entwicklung der Stundenlöhne. Wenn in einem Land die Löhne stärker steigen als die Produktivität (Griechenland), dann steigen die Lohnstückkosten. Wenn die Stundenlöhne woanders (Deutschland) weniger stark steigen gegenüber dem Produktivitätszuwachs, dann hat man nach 10 Jahren einen deutlichen Unterschied zwischen den Lohnstückkosten.

      Es sind also drei Faktoren:
      1. Bessere technische Ausstattung,
      2. eben gerade die Teilzeitbeschäftigung (2x 60% Arbeitsleistung) und
      3. sich langfristig unterschiedlich entwickelnde Lohnerhöhungen.

      Der erste Faktor spielt gegenüber Griechenland z.B. eine große Rolle. Andere Industrien in anderen Ländern (Frankreich, Spanien) hingegen sind mit Deutschland vergleichbar ausgestattet. Da spielt – je nach Land – die technische Ausstattung eine geringere bis keine Rolle. Bei diesen Ländern ist es die Lohnentwicklung.

      Du kannst dir hier einmal die reale Lohnentwicklung (d.h. inflationsbereinigt, also die Inflation ist von der Steigerung bereits abgezogen) ansehen:
      http://wko.at/statistik/eu/europa-einkommensentwicklung.pdf
      Sinnvoll zum Nachvollziehen ist nur die erste Seite mit der Tabelle. Die Grafik auf Seite 2 ist schon zu sehr durch die Lohnkürzungen der Krise verzerrt. In der Tabelle sieht man die jährliche (!!) Steigerung der Reallöhne (=Inflation schon herausgerechnet!). In Deutschland gab es von 2000 bis 2005 eine jährliche Einkommenssteigerungen i.H.v. -0,5% und von 2005 bis 2010 lag sie bei +/- 0,0%. Demgegenüber sind die Einkommen in allen anderen Ländern im gleichen Zeitraum gestiegen (beachte bei Griechenland die Lohnkürzungen seit Krisenbeginn, welche sich in der Tabelle für 2005-2010 niederschlagen). Dieser stärkere Anstieg der Löhne anderswo gegenüber Deutschland hat dafür gesorgt, dass in anderen EUR-Ländern die Lohnstückkosten stärker gestiegen sind als in Deutschland. Über die Jahre hinweg verschärft sich solche ein Problem dann immer mehr.

      Falls sich noch eine Frage ergibt, immer her damit!

      Liebe Grüße

      Steffen

  57. ninjaturkey

    Vielen, vielen Dank an Holger und Steffen!!!

    4 1/2 Stunden, der Ben Hur unter den Podcasts 😉
    Dennoch ein kurzweiliges Augenöffnen (war wirklich lang, aber nie langweilig oder zu kompliziert). Wenn Steffen mal in dem einen oder anderen Punkt in Stocken kam, egal. Mit der hier gewonnenen Information recherchier ich den Rest selbst im Web.

    Die Nachdenkseiten gehören schon seit langem täglich ab 9 zur Pflichtlektüre.

    Weiter so. Du bist gebookmarked.

    Antworten
  58. Katja

    Vielen Dank für diese tolle und sehr verständliche Analyse der Krise.

    Was Du allerdings falsch dargestellt hast, ist die Methode, wie die Schweiz Ihr Wechselkursproblem in den Griff bekommen hat. Da ich an der schweizer grenze lebe und in der Schweiz arbeite,
    bin iuch vielleicht etwas näher am Thema und kann Dir aushelfen. Die SNB (Schweizernationalbank) hat vor knapp einem Jahr festgelegt, das der Wechslekurs zum Euro nicht mehr ubnter 1,20 Franken rutschen darf, denn es war zeitweise sogar ein Verhältniss von 1:1. Da auch die schweizer Wirtschaft stark exportabhängig ist, war das sehr schädlich für den Aussenhandel. Seit dem überwacht die Notenbank 365 Tag, 24 Stunden am Tag das Devisengeschäft und bietet immer mindestens 1,20 Franken für einen Euro. das Hat zwar bisher jede Menge Geld ( ca. 200 Millarden Euro)gekostet, aber es hat gewirkt. Die SNB hat auch klar gesagt, das es keine Problem mit der Inflation geben würde, obwohl ja Geld gedruckt wurde. Aber jetzt haben sie einen Riesenhaufen von Eurodevisen in den Büchern, also ist das Geld ja nicht weg, aber eben auch nicht im Wirtschaftskreislauf und kann deswegen nicht zur Inflation betragen. Offensichtlich sind die Schweizer da nicht ideologisch verblendet, sondern handeln einfach.
    Manchmal kommt mir die Schweiz echt vor wie ein Paraleluniversum, denn was bei uns den Untergang des Abendlandes bedeutet, das wird hier einfach gemacht, weil es funktioniert. Da sagt doch der Arbeitgebervertreter einer grossen Bank, das die Löhne natürlich um die Inflation plus Produktivität steigen müssen, weil es ja sonst eine Lohnsenkung wäre. Und das zur besten Dendezeit im Fernsehen, kann man sich das bei uns vorstellen?
    Ich habe allerdings die Hoffnung aufgegeben, das sich an der Haltung unserer Regierung nochmal etwas hin zur Vernuft ändern könnte.

    Trotzdem ganz iebe Grüsse Katja

    Antworten
    1. Steffen

      Hallo Katja,

      auch an dich vielen Dank für die Korrektur! Einer der ersten Kommentare hatte meinen Fehler bereits aufgegriffen. Während der Sendung hatte ich das tatsächlich erfolgreich verdrängt, obwohl mir später, nachdem ich darauf aufmerksam gemacht wurde, einfiel, dass ich dies selbst schon in der Zeitung gelesen hatte.

      Liebe Grüße

      Steffen

  59. Programmine

    Toller Podcast. Ich denke herzlich fuer den Aufwand und die rauchenden Koepfe. Das wird der erste Podcast den ich aufhebe zum spaeter mal wieder hoeren. Sehr informativ!
    Weiter so Holgi und fleissige Anrufer!

    Antworten
  60. ibalzereit

    Lieber Holgi & lieber Steffen,

    lang ist es her, dass euch gelauscht habe. Vor Kurzem war ich auf einem Vortrag von Prof. Dr. Heiner Flassbeck, der über die Eurokrise an der Uni Hamburg gesprochen hat. Die Veranstaltung ist von Realo-Linken-Studis organisiert worden – wundert euch nicht über die Fahne im Hintergrund. Ihr könnt sie euch hier gern nachsehen. Flassbeck kommt zu einem ähnlichen Schluss wie ihr in der Sendung. Die deutsche Exportwirtschaft hat erheblichen Anteil daran, dass nun viele europäische Länder in Zahlungsnot geraten sind. Besonders interessant mag sein, was man denn jetzt aus linker Perspektive tun sollte, um aus der Eurokrise herauszukommen … in den nächsten 10 Jahren. Ich will mal spoilern, gebt den Leuten mehr Geld, um deutsche Produkte zu verteuern. Warum und was die anderen machen sollten, das ist im Video.

    Viel Spass,
    iB

    Der Vortrag:
    http://lecture2go.uni-hamburg.de/veranstaltungen/-/v/146366

    Der Redner: http://de.wikipedia.org/wiki/Heiner_Flassbeck

    Antworten
    1. Steffen

      Du kannst Holgi einfach doppelt flattrn und dann überrede ich ihn eines Tages, mir davon ein Bier auszugeben oder ‘ne Currywurst 🙂

  61. Andrè Bellingrodt

    Hallo Holgi und Steffen,

    mein Bauch sagte mir ja schon “Hey wir retten Banken” , doch mein völlig von BWL und VWL unbelastetes Hirn hatte noch nicht mal ne diffuse Erklärung zu bieten.
    Ich danke euch für die Erhellung sowie das Erwecken des Interesses weiter zu recherchieren.
    Meiner einer hat erst vor ca einem Jahr Podcast in dieser Form für sich entdeckt.
    Einer der ersten Podcast die ich gehört habe und den ich hier wärmstens empfehlen kann ist der http://soziopod.de/ mit Patrick Breitenbach und Dr. Nils Koebel.
    Durch die beiden bin ich auf Wrint gestoßen und seit ein paar Tagen hat die Umwelt Probleme mich anzusprechen, da Holgi`s Produktionen, mittels in ears meine Hörmuscheln verschließen.
    Der soziopod hat mich unter vielem anderem auch mit dem Philosophen Karl Popper bekannt gemacht und eines seiner Erkenntnisse war “Lasst Ideen sterben und keine Menschen”.
    Wir sollten alle dafür sorgen das die Ideologie/Religion Neoliberalismus ausstirbt und keine Menschen sich umbringen oder an den Folgen sterben.
    Ich werde diese Folge jedem weiterempfehlen.
    Danke, Andrè

    Antworten
  62. Marco

    Hallo Holgi und Steffen,
    vielen Dank! gibt mir endlich Durchblick 😉
    Wie wärs mit einem kurzem Follow-up zu dem Podcast, wie es sich in der Zwischenzeit entwickelt hat?
    Ist ja mittlerweile, fast ein Jahr her…
    Danke!
    und Schöne Grüße,
    Marco

    Antworten
  63. Axel

    Lieber Holgi, lieber Steffen,

    nun höre ich Deine kurzweiligen Podcasts schon eine ganze Zeit lang, Holgi, und freue mich immer wieder über die sinnvoll genutzte Zeit beim “Dir zuhören”. Jetzt – nach diesem Fundstück – muss ich Dir und vor allem Steffen danken. Ich habe echt gelernt!

    Danke. Weitermachen.
    Axel

    Antworten
  64. Bernhard

    Hallo Holger,

    gut, dass alles noch online verfügbar ist: Die Inhalte sind im Grunde immer noch sehr aktuell (die Mathematik, die Naturgesetze, die gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind immer noch die gleichen 😉 ). Ich habe gerade ein paar Schnarchnasen den Link auf diese Seite zukommen lassen. Sie glauben immer noch an die “schwäbische Hausfrau”, wie Ihr wunderbar aufzeigt, eine volkswirtschaftliche Irreführung. Vielleicht ist der Podcast die richtige Medizin, diese Schnarchnasen zu überzeugen.

    Antworten
  65. Anja

    Wow, was für ein ausführlicher und gleichzeitig verständlicher Beitrag. Danke Steffen für deine tolle Arbeit.
    Mir raucht zwar auch der Kopf, aber es war so spannend, dass ich nicht aufhören konnte. Spannend war natürlich auch zu sehen, wie es sich in diesen Jahren weiterentwickelt hat. Leider nicht wirklich erfolgreich.
    Ich hätte gerne noch was zum Geldsystem allgemein gehört. Aber das vllt. mal an anderer Stelle.

    Ein paar Worte zu deinen Aussagen Holger. Einmal sagtest du, wer auch immer an 9/11 Schuld ist ist doch heute völlig egal. Das sehe ich völlig anders. Schon alleine um die Täter zu bestrafen. Es kann doch nicht sein, dass man das einfach als Shit happens verbucht.

    Zum Schluss sagtest du was zu Verschwörungstheorien. Mich interessiert immer, wo da die Grenze gezogen wird. Was ist Kritik und wo fängt Verschwörungstheorie an und wo hört sie auf? Was ist schlimm oder dumm daran? Eine amerikanische Journalistin sagte einst, dass z.B. der öffentliche 9/11 Report auch nur eine Verschwörungstheorie ist. Dort gab es Menschen die sich Verschworen haben die Anschläge zu begehen und weil die Täter alle tot sind muss eine Theorie darüber erstellt werden wie wann und warum die dieses getan haben. Wenn Staaten uns also Verschwörungstheorien vorlegen, warum wird es denn gesellschaftlich so verunglimpft? Zumal sich bislang auch einige Theorien als wahr herausgestellt haben. Das wäre doch auch mal eine Sendung wert. Nicht welche es gibt, sondern nur über sinn und unsinn, Vorurteile und und und…

    Noch eine Idee für eine Sendung. Für die Aussage: “Die Nato tut doch niemandem was” gebe ich dir einen Buch oder Interviewtipp. Dr. Gabriele Ganser (Schweizer Historiker, Energie- und Friedensforscher) hat ein tolles Buch Nato- Geheimarmeen geschrieben.
    Du hast bei Jung und Naiv gesagt, dass du bei Ken Jebsen so schade findest, dass er nur Leute interviewt, die seiner Meinung sind. Dann zeig du doch jetzt mal, dass es bei dir anders ist. Obwohl ich deine Haltung dort nicht teile.

    Abschließend vielen Dank für eure Arbeit.

    Antworten
  66. thomas

    dieses monstrum von sendung ist auch 2015 noch aktuell. grade gehört, während ich meine unterlagen für einkommensteuerjahreserklärung zusammensammle. irgendwie wurde diese arbeit mit laufender sendung immer trister… warum wohl?

    und ja, dieser wrint ist alternativlos echt gewachsen!

    Antworten
  67. Michael

    Ich habe diese Folge jetzt gut 5 Jahre nach Erscheinen nochmals gehört und würde mir auch eine Fortsetzung wünschen. Was hat sich in diesen 5 Jahren geändert? Hat sich überhaupt etwas geändert?

    Antworten

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